Die besondere Beziehung zwischen dem Freiherrn vom Stein (1757 - 1831) und dem Land Hessen
Die Frage nach der Legitimität einer Ehrung im Namen des Freiherrn vom Stein wurde in Hessen alsbald nach der Entstehung des Landes gestellt und bejaht. Die Freiherr-vom-Stein-Plakette an schon lange bestehende Gemeinden und Städte wurde von der Landesregierung (bereits) am 22. Mai 1951 zur Stärkung des kommunalen Bewusstseins gestiftet.
Zwar liegt die besondere Beziehung zwischen Hessen und dem Freiherrn nicht auf der Hand: Schließlich hat Stein die oft nach ihm benannte Preußische Städteordnung von 1808 - das "Fundament" der modernen kommunalen Selbstverwaltung - als Minister des Königreichs Preußen unterzeichnet. Jedoch hielt man die Bezugnahme auf den Freiherrn vom Stein im Hinblick auf seine Herkunft aus dem Nassauischen für gerechtfertigt. (Steins Geburtsort ist die Stadt Nassau an der Lahn, die allerdings in Folge der Länderneuordnung nach dem Zweiten Weltkrieg auf der Basis der verschiedenen Besatzungszonen mittlerweile zu Rheinland-Pfalz gehört). Auch sein berühmtestes politisches Bekenntnis, seine Denkschrift aus dem Jahr 1807, das erste Programm der Selbstverwaltung ("Zutrauen veredelt die Menschen, ewige Bevormundung hemmt das Reifen"), verfasste Stein nach seiner ersten Entlassung als preußischer Minister in seiner Heimatstadt an der Lahn (Nassauer Denkschrift). Darüber hinaus wirkte er 1814 in Wiesbaden entscheidend an der fortschrittlichen Verfassung des Herzogtums Nassau mit. Außerdem setzte sich Stein auf dem Wiener Kongress 1815 erfolgreich für das Fortbestehen der staatlichen Selbständigkeit der Stadt Frankfurt am Main ein und wurde daraufhin dort schon ein Jahr später zum Ehrenbürger ernannt. Im Übrigen hielt nach dem preußisch-österreichischen Krieg 1866 die Preußische Städteordnung auch im ganz überwiegenden Teil Hessens Einzug; zuvor galt sie schon in Wetzlar als preußischer Exklave. Der Hessische Landtag wählte 1952 als Kommunalverfassung ganz bewusst die Magistratsverfassung in der Tradition der Steinschen Städteordnung von 1808.
Die Freiherr-vom-Stein-Plakette und die Freiherr-vom-Stein-Ehrenurkunde an Gemeinden bzw. ihre Ortsteile
Die Freiherr-vom-Stein-Plakette kann Gemeinden und Städten verliehen werden, die auf ein mindestens 750-jähriges Bestehen zurückblicken und das historische Ereignis im festlichen Rahmen – die Jubiläumszahl muss durch 25 teilbar sein – feiern wollen. 73 hessischen Gemeinden kann diese Ehrung noch zu teil werden (Stand: 23. Juli 2024). Die Einzelheiten und Voraussetzungen der Verleihung der Freiherr-vom-Stein-Plakette an Gemeinden und Städte werden durch den Erlass des Hessischen Ministers des Innern vom 15. März 2024 geregelt (Staatsanzeiger 2024 S. 390).
Neben der nur einmal stattfindenden Verleihung der Freiherr-vom-Stein-Plakette an Gemeinden kann ihren einzelnen Ortsteilen aus Anlass eines entsprechenden Jubiläums die Freiherr-vom-Stein-Ehrenurkunde verliehen werden. Die Einzelheiten und Voraussetzungen der Verleihung der Freiherr-vom-Stein-Ehrenurkunde an Ortsteile sind ebenfalls in dem Erlass des Hessischen Ministers des Innern vom 15. März 2024 niedergelegt.
Die Freiherr-vom-Stein-Plakette an Personen
Aufgrund des Kabinettsbeschlusses vom 15. Mai 1956 wird die Freiherr-vom-Stein-Plakette (auch) an Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens verliehen, die sich im Bereich der Kommunalverwaltung oder der Kommunalpolitik besonders verdient gemacht haben. Die Bereitschaft zur Übernahme von Verantwortung durch Betätigung in der Kommunalpolitik oder Kommunalverwaltung ist ein unverzichtbarer Bestandteil und lebendiger Ausdruck des Staats- und Gesellschaftsverständnisses. Freiherr vom Stein sah in der tatkräftigen Anteilnahme der Bürgerinnen und Bürger eine Grundvoraussetzung für die Gesundheit des ganzen Staatswesens. Sein Reformwerk war von dem Gedanken getragen, dass alles staatliche Wirken ohne die tätige Mitwirkung freier Bürgerinnen und Bürger nutzlos und erfolglos sei.
Mit der Freiherr-vom-Stein-Plakette sollen daher Personen geehrt werden, die durch ihre Tätigkeit im Bereich der kommunalen Selbstverwaltung außerordentliche und überregionale Verdienste erworben haben. Die Ehrung soll die Verbindung zwischen Landesregierung und kommunaler Selbstverwaltung pflegen und verstärken.
Die Auszeichnung wird nach strengen Maßstäben vergeben. Mit ihr soll insbesondere herausragendes ehrenamtliches Engagement auf kommunaler Ebene gewürdigt werden. Nach der bewährten Praxis ist sie keine "automatische" Ehrung für Kommunalpolitiker, die nach langjähriger, untadeliger Amtsführung aus ihrem Amt ausscheiden. Die außerordentliche Beständigkeit und Dauer der ehrenamtlichen Verdienste ist eine wesentliche Voraussetzung für die Auszeichnung. Hierbei wird in aller Regel ein Zeitraum von mindestens 40 Jahren ehrenamtlicher Tätigkeit auf kommunaler Ebene vorausgesetzt. Liegen die zuletzt erbrachten ehrenamtlichen Verdienste länger als fünf Jahre zurück, können diese aufgrund eines fehlenden Gegenwartsbezuges regelmäßig keine Berücksichtigung finden.
Nach diesen Maßstäben wurde im Februar 2005 beispielsweise die Stadtverordnetenvorsteherin der Stadt Mühlheim am Main (Landkreis Offenbach) ausgezeichnet. Mit ihrer 48-jährigen (ehrenamtlichen) Mitgliedschaft in der Stadtverordnetenversammlung sowie ihrer 27-jährigen (ehrenamtlichen) Abgeordnetentätigkeit im Kreistag ist sie den Grundsätzen des Freiherrn-vom-Stein in ganz besonderer Weise gefolgt.
Mit dem Erlass zur Verleihung der Freiherr-vom-Stein-Plakette und der Freiherr-vom-Stein-Ehrenurkunde an Gemeinden sowie an Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens vom 23. Oktober 2006 (StAnz. 2006 S. 2430), der zum 1. Januar 2007 in Kraft getreten ist, wurden erstmals schriftliche Verleihungsgrundsätze für die Ehrung von Personen mit der Freiherr-vom-Stein-Plakette erlassen. Vorschläge können schriftlich beim Hessischen Minister des Innern, für Sicherheit und Heimatschutz eingereicht werden. Der Minister entscheidet im Einzelfall. Sie ist die höchste Auszeichnung, die das Land Hessen für hervorragende Verdienste im Bereich der kommunalen Selbstverwaltung vergibt.
Die bisherigen Regelungen haben sich im Allgemeinen bewährt, gleichwohl haben sich durch den aktuellen Erlass die nachfolgenden Änderungen ergeben. Gemäß der Ziff. I.1.6 kann Gemeinden für ihre Ortsteile die Freiherr-vom-Stein-Ehrenurkunde nun mehrfach verliehen werden. Weiterhin soll das Antragsverfahren zur Verleihung der Freiherr-vom-Stein-Plakette und der Freiherr-vom-Stein-Ehrenurkunde an Gemeinden und Städte nunmehr grundsätzlich in digitaler Form erfolgen. Die Ziff. I.2.2 (Online-Verfahren über die Homepage des HMdI) und Ziff. I.2.3 (E-Mail-Funktionspostfach) wurden daher entsprechend angepasst. Schließlich wurde unter Ziff. III die Befristung des Erlasses aufgehoben.