Frankfurt am Main

Wirtschaft

Das Recht der Kommunen auf wirtschaftliche Betätigung zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben zählt zumKernbereich der Selbstverwaltungsgarantie des Grundgesetzes (Art. 28 Abs. 2 GG).

Die Gemeindewirtschaft hat sehr alte Wurzeln und Traditionen. Sie hatte vor der Entwicklung entsprechender privater Märkte die "Daseinsvorsorge" der Bevölkerung sicher zu stellen. Auf diese Weise deckte sie einen breit gefächerten Bedarf der Einwohnerschaft ab, der sich im Laufe der Jahrzehnte ständig gewandelt hat. Heute steht die "Daseinsvorsorge" der Kommunen größtenteils im scharfen Wettbewerb mit privaten Anbietern.

Das Recht der Kommunen auf wirtschaftliche Betätigung zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben zählt zum herkömmlichen Bestand von Selbstverwaltung im Sinne der Garantie des Art. 28 Abs. 2 Grundgesetz (GG). Damit ist für Gemeinden zunächst der Grundsatz der Allzuständigkeit beachtlich. Landkreisen ist jedoch die Möglichkeit zur wirtschaftlichen Betätigung nur insoweit eröffnet, als sie auf ihrer Zuständigkeit zur Wahrnehmung überörtlicher Angelegenheiten basiert. Explizit ist die Festlegung hinsichtlich der Befugnis zur wirtschaftlichen Betätigung für die hessischen Kommunen in § 121 Abs. 1 Hessische Gemeindeordnung (HGO) für die Gemeinden, § 52 Hessische Landkreisordnung (HKO) für die Landkreise und § 16 Gesetz über den Landeswohlfahrtsverband Hessen (LWVG) für den Landeswohlfahrtsverband erfolgt. Regelungen bezüglich des jeweils zur abschließenden Entscheidung berufenen Vertretungsorgans – insbesondere bei Errichtung, Erweiterung oder Veräußerung von wirtschaftlichen Unternehmen oder Beteiligungen - enthalten die Paragrafen 51 Nr. 11 und Nr. 12 HGO (in Verbindung mit § 9 Abs. 1 HGO), 30 Nr. 10 und Nr. 11 HKO sowie 9 Abs. 3 Nr. 8 LWVG.

Das verfassungsrechtlich garantierte Recht der Kommunen auf wirtschaftliche Betätigung bedeutetjedoch nicht, dass sich die Kommunen unbegrenzt auf wirtschaftlichem Gebiet betätigen dürfen. Die Rechtsordnung hatder Zulässigkeit kommunaler wirtschaftlicher Betätigung Grenzen gesetzt. In diesem Zusammenhang darf nicht verkannt werden, dass das kommunale Wirtschaftsrecht handlungs- und nicht lediglich unternehmensformbezogen ausgestaltet ist. Für die inhaltliche Reichweite der „wirtschaftlichen Betätigung“ kommt es deshalb grundsätzlich nicht auf die Rechts- bzw. Organisationsform der Unternehmung an.

Normierungen bezüglich der wirtschaftlichen Betätigung hessischer Kommunen beinhaltet der dritte Abschnitt der HGO in den §§ 121 bis 127b.

Dieser Regelungskanon enthält jedoch keine Legaldefinition des Begriffes der wirtschaftlichen Betätigung. Aus § 121 HGO ergibt sich aber, dass der Gesetzgeber unter wirtschaftlicher Betätigung weder den Kernbereich der Verwaltungstätigkeit, noch die Aufgaben zu denen die Kommune gesetzlich verpflichtet ist, meint. Eigenbedarfsdeckung und Vermögensverwaltung sowie die Ausübung staatlicher Vorrechte unterliegen von daher nicht der Begrifflichkeit der wirtschaftlichen Betätigung (Negativabgrenzung). Weiter gelten kraft gesetzlicher Fiktion in Hessen als wirtschaftliche Betätigung nicht die Tätigkeiten, die unter den Ausnahmekatalog des § 121 Abs. 2 HGO fallen.

Eine hiernach als wirtschaftlich zu qualifizierende Betätigung ist zulässig, wenn die in § 121 Abs. 1 HGO bestimmten, obligatorischen Voraussetzungen als erfüllt anzusehen sind.

Die kommunale Wirtschaftstätigkeit muss durch einen öffentlichen Zweck gerechtfertigt sein (sog. Rechtfertigungsklausel) und nach Art und Umfang in einem angemessenen Verhältnis zur Leistungsfähigkeit der Gemeinde und zum voraussichtlichen Bedarf stehen (sog. Relationsklausel). Außerdem ist sie nur zulässig, wenn die Aufgabe nicht ebenso gut und wirtschaftlich durch einen privaten Dritten erfüllt werden kann (sog. Nachrangigkeitsklausel). Diese Voraussetzung wird auch als „strikte Subsidiaritätsklausel“ bezeichnet. Leistungsparität (damit „einfache“ Subsidiarität) reicht zur Betätigungslegitimation nicht aus. Der Subsidiaritätsvorbehalt wurde erst durch die Gemeinderechtsnovelle vom 31. Januar 2005eingeführt. Er gilt nur für seit dem 1. April 2004 aufgenommene oder erweiterte Tätigkeiten (sog. Bestandschutzklausel).

Vor der Entscheidung über die Errichtung, Übernahme oder wesentliche Erweiterung von wirtschaftlichen Unternehmen sowie über eine unmittelbare oder mittelbare Beteiligung ist die Gemeindevertretung auf der Grundlage einer Markterkundung umfassend über die Chancen und Risiken der beabsichtigten unternehmerischen Betätigung sowie über deren zu erwartende Auswirkungen auf das Handwerk und die mittelständische Wirtschaft zu unterrichten. Vor der Befassung in der Gemeindevertretung ist den örtlichen Handwerkskammern, Industrie- und Handelskammern sowie Verbänden Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben, soweit ihr Geschäftsbereich betroffen ist. Die Stellungnahmen sind der Gemeindevertretung zur Kenntnis zu geben (§ 121 Abs. 6 HGO).

Mindestens einmal in jeder Wahlzeit muss die Gemeindevertretung prüfen, ob Tätigkeiten privaten Dritten übertragen werden können. Eine Rechtspflicht zur Privatisierung ergibt sich hieraus grundsätzlich nicht. Jedoch soll mehr Dynamik in die kommunalpolitische Diskussion Eingang finden (§ 121 Abs. 7 HGO).

Die Erstellung eines jährlichen Berichts mit bestimmten Mindestaussagen über die Betätigung und Entwicklung kommunaler Unternehmen (Beteiligungsbericht) ist pflichtig (§ 123 a HGO). In den Bericht sind aus Gründen der Transparenz auch Angaben hinsichtlich der Höhe der Bezüge der einzelnen Mitglieder der Gesellschaftsorgane aufzunehmen (§ 123 a Abs. 2 Satz 2 bis 4 HGO).

Den Gemeinden stehen verschiedene öffentlich-rechtliche und privatrechtliche Organisationsformen für ihre wirtschaftliche Betätigung offen. Die Auswahl steht im Rahmen der zusätzlich zu beachtenden gesetzlichen Bestimmungen in ihrem Ermessen. Für die Gründung einer Gesellschaft, die auf den Betrieb eines kommunalwirtschaftlichen Unternehmens gerichtet ist, oder für die Beteiligung an einer solchen Gesellschaft gelten zusätzlich die besonderen Vorschriften der §§ 122 bis 125 HGO. Im Zusammenhang mit der Gründung einer Gesellschaft oder der Beteiligung an einer Gesellschaft ist insbesondere auf die Anzeigepflicht der Kommune gem. § 127a Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 2 HGO hinzuweisen.

Für die hessischen Kommunalaufsichten besteht zur Prüfung der Frage, ob die Voraussetzungen unter denen Kommunen sich wirtschaftlich betätigen dürfen erfüllt sind, seit 2013 ein einheitliches Prüfmuster. Dieses systematische Aufsichtsraster ist mit Erläuterungen zu Maßstäben und Anforderungen versehen. Es umfasst insbesondere die wesentlichen Aspekte im Rahmen einer Anzeige nach § 127a HGO und soll in der operativen Tätigkeit zu einer gleichmäßigen Handhabung, damit zu einer einheitlichen Aufsicht bei der Betätigung der Kommunen, beitragen. Das Aufsichtsraster wurde in 2017 modifiziert.

Der Eigenbetrieb ist die gemeindetypische, öffentlich-rechtliche Organisationsform für die wirtschaftliche Betätigung einer Kommune. Der Eigenbetrieb ist ein wirtschaftliches Unternehmen ohne eigene Rechtspersönlichkeit (Eigenbetriebsgesetz - EigBGes - i. d. F. v. 09. Juni 1989, GVBl. I S. 154) zuletzt geändert am 14. Juli 2016 (GVBl. S. 121). Die Gemeindevertretung hat eine Betriebssatzung zu erlassen, die die speziellen Regelungen für den einzelnen Betrieb enthält.

Gemäß § 23 Abs. 1 Satz 1, § 24 Abs. 4 und § 25 Abs. 2 EigBGes sind die Bilanz, die Gewinn- und Verlustrechnung, die Erfolgsübersicht und die Anlagennachweise nach Formblättern aufzustellen, die der Minister des Innern durch Verordnung zur Bestimmung der Formblätter für den Jahresabschluss der Eigenbetriebe vom 09. Juni 1989 (GVBl. I S. 162) bestimmt hat. Die Eigenbetriebe haben Finanzpläne aufzustellen (§ 19 EigBGes) und diese den Wirtschaftsplänen beizufügen. Hierzu wurden mit Erlass vom 23. Februar 2018 (StAnz. Nr. 13/2018 S. 402) Muster bekannt gemacht. Die Eröffnungsbilanz, der Jahresabschluss und der Lagebericht sind grundsätzlich von einem Abschlussprüfer zu prüfen (§ 27 Abs. 2 EigBGes).

Auch Unternehmen und Einrichtungen, die gemäß § 121 Abs. 2 HGO keine wirtschaftliche Betätigung ausüben, können entsprechend den Vorschriften über die Eigenbetriebe geführt werden.

Für die Gründung einer Gesellschaft, die auf den Betrieb eines kommunalwirtschaftlichen Unternehmens gerichtet ist, oder für die Beteiligung an einer solchen Gesellschaft gelten die besonderen Vorschriften der §§ 122 bis 125 HGO.

Die kommunalwirtschaftliche Betätigung im Rahmen einer Aktiengesellschaft soll nur erfolgen, wenn der öffentliche Zweck des Unternehmens nicht ebenso gut in einer anderen Rechtsform erfüllt werden kann (§ 122 Abs. 3 HGO).

Im Zusammenhang mit der Gründung einer Gesellschaft oder der Beteiligung an einer Gesellschaft ist besonders auf die Anzeigepflicht der Kommune gem. § 127a Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 2 HGO hinzuweisen.

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