Ein Paragraphen-Zeichen, im Hintergrund arbeitet eine Frau mit einer Akte und einem Stift

Hessische Kommunalverfassung

Die Hessische Gemeindeordnung (HGO), die Hessische Landkreisordnung (HKO) und das Kommunalwahlgesetz (KWG) bilden die Hessische Kommunalverfassung.

Die Hessische Gemeindeordnung (HGO), die Hessische Landkreisordnung (HKO) und das Kommunalwahlgesetz (KWG) bilden die Hessische Kommunalverfassung.

Die Hessische Kommunalverfassung wird als Magistratsverfassung bezeichnet.

Die kommunale Demokratie ist auf Grund der größeren Nähe der Bürger zu den sich in den Gemeinden und Landkreisen stellenden politischen Fragen wesentlich "lebendiger" ausgestaltet als auf der staatlichen Ebene.

Die Position eines kommunalen Spitzenbeamten, also eines Bürgermeisters bzw. Landrats, ist in jeglicher Hinsicht ein attraktives Amt.

Hessische Gemeindeordnung, Hessische Landkreisordnung, Hessisches Kommunalwahlgesetz

Das Kommunalrecht gehört zu den wenigen Materien, in denen die Bundesländer die volle Gesetzgebungshoheit haben (Art. 70 ff. GGÖffnet sich in einem neuen Fenster).

Als "Kommunalverfassung" werden die Gesetze bezeichnet, welche die Grundregeln für die kommunale Selbstverwaltung und die vor Ort gelebte Demokratie erhalten, d.h. die Hessische Gemeindeordnung (HGOÖffnet sich in einem neuen Fenster), die Hessische Landkreisordnung (HKOÖffnet sich in einem neuen Fenster) und das Hessische Kommunalwahlgesetz (KWGÖffnet sich in einem neuen Fenster). In der Entstehungsphase des Landes Hessen maß man insbesondere der Gemeindeordnung keine geringere Bedeutung bei als der Landesverfassung. Daher rührt der Begriff "Kommunalverfassung".

Der Kommunalverfassung kommt hohe gesellschaftliche und politische Bedeutung zu. Sie gibt den Gemeinden und Landkreisen nicht nur den rechtlichen Rahmen für ihre Organisation vor und regelt ihren Status und ihre Stellung innerhalb des staatlichen Gesamtgefüges, sondern gestaltet auch die bürgerschaftliche Teilhabe am kommunalen Willensbildungsprozess. Die Kommunalverfassung muss daher engagiert, aber behutsam den gesellschaftlichen Rahmenbedingungen angepasst werden. Ziel ist dabei stets, den Gemeinden und Landkreisen optimale Rahmenbedingungen dafür zu schaffen, dass sie ihre Angelegenheiten eigenverantwortlich verwalten können.

Mit den Kommunalverfassungsgesetzen sollten unmittelbar nach der Entstehung des Landes Hessen die Graswurzeln der Demokratie dauerhaft angesät werden. Man machte die Kraft der noch jungen demokratischen Staatsform ganz entscheidend abhängig vom Geist der Gemeindeordnung: freiheitlich-gemeinsinnig statt obrigkeitlich. „Die Gemeinde ist die Grundlage des demokratischen Staates“ heißt es ausdrücklich in § 1 HGO.

Das Hessische Kommunalverfassungsrecht blickt in seinen Grundzügen auf eine mehr als 50-jährige Bewährungszeit zurück. Aufbau und Grundsätze der Hessischen Gemeindeordnung und der Hessischen Landkreisordnung aus dem Jahre 1952 sind bis heute im Wesentlichen unverändert beibehalten worden.

Dem Grundsatz der repräsentativen Demokratie entsprechend (Art. 28 Abs. 1 Satz 2 GG) gibt es in jeder Kommune ein von den wahlberechtigten Einwohnern gewähltes „Kommunalparlament“ (Gemeindevertretung/ Stadtverordnetenversammlung bzw. Kreistag). Es ist das oberste Organ der Kommune und entscheidet über alle wichtigen Angelegenheiten.

Auch die laufende Verwaltung der Kommunen obliegt in Hessen einer kollegialen „Regierungsmannschaft“, die aus dem Bürgermeister bzw. dem Landrat und den Beigeordneten besteht (Gemeindevorstand/ Magistrat bzw. Kreisausschuss). Diese Besonderheit hat der hessischen Kommunalverfassung ihren Namen gegeben ("Magistratsverfassung").

Direktwahl, Bürgerentscheid, Kommunalwahlrecht für Unionsbürger, Kumulieren und Panaschieren, ehrenamtliches Mandat, politische Teilhabe ausländischer Einwohner aus sog. Drittstaaten

Im Hinblick auf den engeren Bezug der Bürger zuden sie betreffenden politischen Themen weist die repräsentative/parlamentarische Demokratie (Artikel 28 Abs. 1 Grundgesetz) auf der kommunalen Ebene etliche Besonderheiten gegenüber der staatlichen Ebene auf. Die Hessische Kommunalverfassung wurde in den letzten Jahren umfassend reformiert, um den Einwohnern mehr Mitsprache in ihrer Gemeinde oder in ihrem Landkreis zu ermöglichen.

Insbesondere werden seit 1993 Bürgermeister und Landräte von den Bürgern unmittelbar gewählt und nicht mehr von den Vertretungskörperschaften bestimmt. Ermöglicht wurde dies durch eine Änderung des Art. 138 der Verfassung des Landes Hessen. Bei der erforderlichen Volksabstimmung am 20.1.1991 entschieden sich 82% der Abstimmenden für die Einführung der Direktwahl von Bürgermeistern (Oberbürgermeistern) und Landräten.

Seit 1993 können auf Gemeindeebene die Bürger – unter bestimmten Voraussetzungen – außerdem an Stelle der Gemeindevertretung über wichtige Sachfragen der Gemeinde selbst entscheiden (Bürgerentscheid). Die direkte Demokratie ist auf der Gemeindeebene erheblich bürgerfreundlicher ausgestaltet als auf der Landesebene (Volksentscheid). Der erste Bürgerentscheid fand am 17.10.1993 in der Stadt Dieburg (Landkreis Darmstadt-Dieburg) statt. Wird ein Bürgerbegehren eingereicht, muss die Gemeindevertretung innerhalb von drei Monaten über dessen Zulässigkeit entscheiden, wenn die Gemeinde das Risiko einer Untätigkeitsklage (§§ 75, 161 Abs. 3 VwGO) vermeiden will. Ist das Bürgerbegehren zulässig und fasst die Gemeindevertretung keinen Abhilfebeschluss (§ 8b Abs. 4 S. 3 HGO), findet der Bürgerentscheid frühestens drei und spätestens sechs Monate nach der Zulässigkeitsentscheidung statt (§ 55 Abs. 1 KWG).

Anders als auf der staatlichen Ebene gehören in den Kommunen zu den aktiv und passiv wahlberechtigten Bürgern nicht nur die deutschen, sondern auch die ausländischen Einwohner, sofern sie aus einem Mitgliedsstaat der Europäischen Union stammen (Unionsbürger). Das Wahlrecht für Unionsbürger geht zurück auf den Vertrag von Maastricht vom 7.2.1992, der in Deutschland zunächst eine Grundgesetzänderung auslöste (Artikel 28 Abs. 1 Satz 3 Grundgesetz) und anschließend in den Ländern jeweils eine Änderung des Kommunalwahlrechts nach sich zog (vgl. insbesondere §§ 30, 32 Hessische Gemeindeordnung, HGO, §§ 22, 23 Hessische Landkreisordnung, HKO). In Hessen konnten die Unionsbürger erstmals 1997 an der Wahl der Kommunalparlamente teilnehmen.

Bei den Kommunalwahlen am 18. März 2001 konnten die Bürger erstmals durch ein neues Wahlsystem unmittelbar Einfluss nehmen auf die personelle Zusammensetzung der Gemeindevertretungen und Kreistage. Mit der Einführung von Kumulieren und Panaschieren im Rahmen des Gesetzes zur Stärkung der Bürgerbeteiligung und kommunalen Selbstverwaltung vom 23.12.1999 hat Hessen nunmehr auch das dritte und letzte Charakteristikum der als besonders bürgernah geltenden baden-württembergischen Kommunalverfassung übernommen.

Anders als die Abgeordneten im Bundestag und in den meisten Landesparlamenten sind die Kommunalparlamentarier ehrenamtlich tätig (§ 35 Absatz 2 HGO, § 28 Abs. 2 HKO). Sie erhalten folglich für die Wahrnehmung des Mandats neben dem Ersatz des Verdienstausfalls und der Fahrkosten allenfalls eine Aufwandsentschädigung (§ 27 HGO, § 28 HKO). In ihrem jeweiligen Arbeitsverhältnis genießen sie allerdings spezielle Schutzrechte zur Sicherung der Mandatsausübung (§ 35a HGO, § 28a HKO für Beschäftigte in der Privatwirtschaft, §§ 106 Abs. 3, 215 Abs. 2 Hessisches Beamtengesetz).

Am 15. Mai 2020 wurde im Gesetz- und Verordnungsblatt (S. 318) die bedeutsame und umfangreiche Kommunalrechts-Novelle zur Umsetzung der Koalitionsvereinbarung verkündet. Das 29 Artikel umfassende Änderungsgesetz ist am Folgetag in Kraft getreten. Sein Herzstück ist, wie bereits die Überschrift verrät, die institutionalisierte Beteiligung der ausländischen Einwohnerinnen und Einwohner an der lokalen Politik in allen Gemeinden mit mehr als 1.000 gemeldeten ausländischen Einwohnerinnen und Einwohnern. Aus Sicht der Koalitionsfraktionen und der Landesregierung ist es sinnvoll, dass diese Gemeinden in Anbetracht der gestiegenen Bedeutung der Aufgabe „Integration der ausländischen Bevölkerung“ durch eine gesetzliche Organisationsverpflichtung – ohne die frühere Abweichungsmöglichkeit oder Ausnahmebefugnis – eine institutionalisierte Form der Beteiligung an der Gemeindepolitik sicherstellen müssen, andererseits aber die Gemeinden zwischen zwei Modellen der Beteiligung (Ausländerbeirat bzw. Integrations-Kommission) wählen können. Das Gesetz zur Verbesserung der politischen Teilhabe von ausländischen Einwohnerinnen und Einwohnern vom 7. Mai 2020 ist somit ein ausgewogenes Gesetz, das die politische Teilhabe der ausländischen Einwohnerinnen und Einwohnern an der Kommunalpolitik stärkt indem es die Interessen der AGAH und der Gemeinden (mit ihrer verfassungsrechtlich abgesicherten Selbstverwaltungsgarantie) in gleichem Maß berücksichtigt (vgl. LT-Drs. 20/1743 S. 1).

Das Hessische Ministerium des Innern und für Sport hat die in der 19. Kommunalwahlperiode (1.4.2021 – 31.3.2026) von der gesetzlichen Organisationsverpflichtung betroffenen Gemeinden anhand der jüngsten Einwohnerstatistik des HSL (Stand 30.9.2019) ermittelt und bereits am Tag der Gesetzesverkündung nicht nur individuell über den gesetzlichen Organisationsauftrag unterrichtet, sondern auch über den zur Verfügung stehenden Zeitrahmen für die Ausübung der genannten Option: Bis zur öffentlichen Aufforderung zur Einreichung von Wahlvorschlägen für die Ausländerbeiratswahl durch den Gemeindewahlleiter muss die Entscheidung zwischen den beiden Beteiligungsmodellen getroffen werden. Durch die Novelle werden vor dem Hintergrund der verstärkten Migration insbesondere in den Jahren 2015 und 2016 die Mitsprachemöglichkeiten der ausländischen Einwohnerschaft in sehr viel mehr Gemeinden als in der vorherigen Kommunalwahlperiode gefördert. Während im Jahr 2015 nur in 81 Gemeinden eine Ausländerbeiratswahl stattfand, davon in 5 Gemeinden auf freiwilliger Basis, wurde zu Beginn der neuen Kommunalwahlperiode am 1. April 2021 in 87 Gemeinden ein Ausländerbeirat (davon in einer Gemeinde freiwillig) eingerichtet. In ebenfalls 87 Gemeinden wurde erstmalig das Modell der Integrations-Kommission eingeführt. Die Einführung der Integrations-Kommission in den jeweiligen Gemeinden war zudem Gegenstand in der Fragestunde des Hessischen Landtags vom 1. Februar 2022 (Mündliche Frage 612, siehe Auszug aus dem Plenarprotokoll als Download weiter unten). Weiterhin hat eine Abfrage aufgezeigt, dass dieses Partizipationsmodell nicht in allen Gemeinden ein Selbstläufer ist. Mit Stand 26. Juni 2023 haben 83 Gemeinden eine Integrations-Kommission gebildet, in 4 Gemeinden steht die Einrichtung noch aus. Mit Stand 8. Februar 2024 hat in 74 Gemeinden die Kommission zwischenzeitlich mindestens einmal getagt, in 13 Gemeinden steht die konstituierende Sitzung indes noch aus. Als Grund, weshalb einige Gemeinden noch am Anfang des Prozesses stehen, wird oftmals angegeben, dass für eine Mitarbeit in einer solchen Kommission eine ausreichende Anzahl ausländischer Einwohner nicht gewonnen werden kann. Es gilt daher, die weitere Entwicklung im Blick zu behalten.

Gemeinden mit maximal 1.000 gemeldeten ausländischen Einwohnerinnen und Einwohnern stand es frei, sich freiwillig für eine der beiden institutionalisierten Beteiligungsformen zu entscheiden.

Die jüngsten Ausländerbeiratswahlen fanden zudem erstmals zusammen mit den Wahlen der Kommunalparlamente und der Ortsbeiräte am 14. März 2021 statt. Eine Briefwahl bei der Ausländerbeiratswahl gab es allerdings nur, wenn die Gemeinde dies in ihrer Hauptsatzung vorsah (§ 58 Satz 2 KWG).

1. Der Hessische Landtag hat mit Wirkung zum 25. Mai 2018 nach dem Motto „Eine transparente Verwaltung ist die Grundlage für die demokratische Teilhabe der Bürgerinnen und Bürger“ das Hessische (Datenschutz- und) Informationsfreiheitsgesetz (HDSIG) in Kraft gesetzt. Die Bürgerinnen und Bürger haben damit – losgelöst von der Frage ihrer individuellen Betroffenheit – einen Anspruch auf Zugang zu den bei den Landesbehörden, die nicht ausdrücklich ausgenommen wurden, vorhandenen amtlichen Informationen erhalten. Damit bei entsprechenden Anträgen auf Informationszugang der Schutz von personenbezogenen Daten sowie von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen gewährleistet bleibt, bot es sich an, den Datenschutz und die Informationsfreiheit zusammen in einem Gesetz zu regeln („Zwei Seiten einer Medaille“).

„Das Verwaltungshandeln soll zukünftig offener und transparenter gestaltet werden. Im Vierten Teil des Hessischen Datenschutz- und Informationsfreiheitsgesetzes werden deshalb erstmals Regelungen für ein Recht auf Informationszugang gegenüber den öffentlichen Stellen in Hessen geschaffen. Bürgerinnen und Bürger erhalten damit die Möglichkeit, unmittelbar Einblick in Vorgänge der öffentlichen Verwaltung zu nehmen. Entscheidungen der Verwaltung werden damit nachvollziehbar, deren Akzeptanz wird erhöht. Die Schaffung eines Anspruchs auf Informationszugang hat so eine wichtige demokratische und rechtstaatliche Funktion, denn der freie Zugang zu bei öffentlichen Stellen vorhandenen Informationen ist wesentlicher Bestandteil öffentlicher Partizipation und der Kontrolle staatlichen Handelns. Er fördert die demokratische Meinungs- und Willensbildung. Der effektive Schutz personenbezogener Daten bleibt dabei gewährleistet, entgegenstehende berechtigte öffentliche und private Interessen werden angemessen berücksichtigt.“
(Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vom 5. Dezember 2017 = LT-Drs. 19/5728 S. 97)

2. Aus Rücksicht auf die verfassungsrechtliche Garantie der kommunalen Selbstverwaltung hat der Landtag das Informationsfreiheitsgesetz nicht auf die Gemeinden und Landkreise erstreckt. Für die Kommunen gilt das Gesetz vielmehr nur dann, wenn sie es freiwillig durch Satzung so bestimmen (§ 81 Abs. 1 Nr. 7 HDSIG, sog. Opt-In-Regelung).Die documenta-Stadt Kassel hat eine solche Satzung bereits erlassen (vgl. 48. Tätigkeitsbericht zum Datenschutz und Zweiter Bericht zur Informationsfreiheit, LT-Drs. 20/2607, S. 307).

Diese Satzungsbefugnis schließt das Recht ein, eine Regelung über die Kostenerstattung für die Einräumung des Informationszugangs zu treffen (§ 88 Abs. 2 HDSIG).

3. Hinweis für Kommunen, die am 25. Mai 2018 bereits eine Informationsfreiheitssatzung hatten:

Einige Gemeinden und Landkreise hatten auch schon vor dem Inkrafttreten des HDSIG aufgrund ihres Selbstverwaltungsrechts für die bei ihnen vorhandenen amtlichen Informationen Informationsfreiheitssatzungen beschlossen. Die bekannteste dieser Kommunen war sicherlich die Stadt Frankfurt am Main, deren „Satzung zur Regelung des Zugangs zu Informationen des eigenen Wirkungskreises“ bereits am 1. Mai 2012 in Kraft trat, allerdings auch schon zwei Jahre später aufgrund einer Befristungsklausel wieder ihre Gültigkeit verlor.

Der Gesetzgeber wollte mit der neuen Optionsmöglichkeit nach § 81 Abs. 1 Nr. 7 HDSIG bereits bestehende kommunale Informationsfreiheitssatzungen „älteren Typs“ nicht automatisch verdrängen (vgl. LT-Drs. 19/5728 S. 97).

Gleichwohl sollten sich betroffene Kommunen aus den folgenden Gründen gut überlegen, ob sie ihre Alt-Satzung nicht durch eine Informationsfreiheitssatzung auf der Grundlage von § 81 Abs. 1 Nr. 7 HDSIG ablösen:

  • Eine ausreichende Gewährleistung des Datenschutzes ist bei Informationsweitergaben nach einer Informationsfreiheitssatzung älteren Typs weitaus fraglicher (vgl.Bayer. VGH, Beschluss vom 27. Februar 2017 Az. 4 N 16.461) als bei einer Informationsfreiheitssatzung neueren Typs nach § 81 Abs. 1 Nr. 7 HDSIG, die auf die §§ 81 – 89 HDSIG verweist.
  • Es ist nicht auszuschließen, dass die Verwaltungsgerichtsbarkeit bei einer gerichtlichen Befassung trotz der o.a. Motive des Gesetzgebers zu dem Schluss kommt: wenn der Landesgesetzgeber den Kommunen eine Möglichkeit zur Regelung der Informationsfreiheit eingeräumt habe, ohne im Gesetzeswortlaut ausdrücklich eine Öffnungsklausel vorzusehen, dann sei dieser Regelung im Zweifel ein abschließender Charakter beizumessen (vgl. wiederum Bayer. VGH, Beschluss vom 27. Februar 2017 Az. 4 N 16.461).
  • Bei Streitigkeiten mit dem Antragsteller oder der Antragstellerin ist nur bei Informationsfreiheitssatzungen neueren Typs eine ausgleichende Beratung, ggfs. auch eine Entscheidung durch den Hessischen Informationsfreiheitsbeauftragten möglich (vgl. § 89 HDSIG und 3. Bericht zur Informationsfreiheit des Hessischen Beauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit = LT-Drs. 20/5799, S. 259 ff.).Die Aufgabe des Informationsfreiheitsbeauftragten wird von dem Hessischen Datenschutzbeauftragten mitübernommen (§ 89 Abs. 2 HDSIG).

4. Ausblick auf die Zukunft

Der Hessische Datenschutz- und Informationsfreiheitsbeauftragte hat in seiner Rede vor dem Hessischen Landtag vom 10.11.2021 deutlich gemacht, dass er im Hinblick auf die Informationsfreiheit gegenüber hessischen Gemeinden und Landkreisen Nachbesserungsbedarf sieht. Im Gegensatz zu den anderen 12 Bundesländern mit Informationsfreiheitsgesetzen gelte in Hessen die Informationsfreiheit gegenüber den Kommunen erst dann, wenn diese eine entsprechende Satzung beschlossen hätten. Dies sei aber bisher nur selten geschehen: erst drei Landkreise, eine Großstadt und wenige kleine Städte hätten sich für eine Informationsfreiheitssatzung entschieden (Plenarprotokoll 20. Wahlperiode S. 6991). Der hessische Innenminister hat in seiner Entgegnung in der gleichen Sitzung ausgeführt, dass er die Frage, ob die kommunale Selbstverwaltung und Selbstverantwortung in diesem Zusammenhang beschränkt werden solle, in die Hände des Hessischen Landtags lege (vgl. Plenarprotokoll 20. Wahlperiode S. 6997/6998).

Bürgermeister und Landräte: Kompetenzen, Besoldung und Versorgung

Obwohl Bürgermeister und Landräte in Hessen die jeweilige Kommunalverwaltung nicht allein (monokratisch) führen und auch dem Kommunalparlament nicht angehören, bekleiden sie sowohl unter dem Gesichtspunkt der Kompetenzen als auch der Besoldung und Versorgung ein sehr attraktives Amt.

Die Kompetenzen des Bürgermeisters/Landrats, insbesondere seine Stellung im Verwaltungsorgan und seine Beziehung zum Vertretungsorgan

Das Verwaltungsorgan der Gemeinde (Gemeindevorstand/Magistrat) ist kollegial strukturiert. Seine Mitglieder (Bürgermeister/Beigeordnete) unterscheiden sich allerdings hinsichtlich des Wahlverfahrens und (in der Regel) auch hinsichtlich der Amtszeit:

  • Wahl des Bürgermeisters - für eine Amtszeit von 6 Jahren- unmittelbar durch die Bürger der Gemeinde (§ 39 HGO)
  • Wahl der Beigeordneten dagegen durch die Gemeindevertretung und zwar - je nach ehren- oder hauptamtlicher Ausgestaltung - für die 5-jährige Wahlzeit der Gemeindevertretung oder ebenfalls für 6 Jahre (§ 39a HGO).

Der Bürgermeister ist kraft Gesetzes Vorsitzender des Gemeindevorstands (§ 65 HGO). Das ändert zwar nichts daran, dass er bei der Beschlussfassung in dem Gremium nur „der Erste unter Gleichen“ ist (§ 68 HGO), jedoch beruft er die Sitzungen des Gemeindevorstands ein und bereitet die Beschlüsse des kollegialen Verwaltungsorgans vor (§§ 69, 70 Abs. 1 HGO). Er hat ein Kontrollrecht gegenüber den im Gemeindevorstand gefassten (Mehrheits-)Beschlüssen (§ 74 HGO) und eine starke Stellung bei der Vertretung des Gemeindevorstands (und damit der Gemeinde) in Gesellschaften (§125 HGO). In Eilfällen kann er an Stelle des Gemeindevorstands entscheiden (§ 70 Abs. 3 HGO). Er hat die unbeschränkte Befugnis, die Geschäfte (Arbeitsgebiete, Dezernate) unter die Mitglieder des Gemeindevorstands zu verteilen (§ 70 Abs. 1 HGO).

Der Gemeindevorstand besorgt die laufende Verwaltung der Gemeinde, bereitet insbesondere Beschlüsse der Gemeindevertretung vor und führt sie aus, vertritt die Gemeinde, erledigt in der Regel die Weisungsaufgaben und die gemeindliche Öffentlichkeitsarbeit, stellt die Gemeindebediensteten an, befördert und entlässt sie (§§ 66, 70, 73 HGO).

Im Kommunalparlament (Gemeindevertretung, Stadtverordnetenversammlung), das insbesondere im Selbstverwaltungsbereich die für die Gemeinde wichtigen Entscheidungen zu treffen hat, hat der Bürgermeister zwar keinen Sitz (und schon gar nicht den Vorsitz – die Gemeindevertretung wählt vielmehr gem. § 57 HGO einen eigenständigen Parlamentsvorsteher aus ihrer Mitte), doch auch gegenüber dem obersten Organ der Gemeinde hat der Bürgermeister mannigfaltige gesetzlich verbriefte Einflussmöglichkeiten. Er hat z. B. einen Anspruch auf Einberufung der Gemeindevertretung (§ 56 Abs. 1 Satz 2 HGO), einen Anspruch auf Aufnahme seiner Anträge auf die Tagesordnung der Gemeindevertretung (§ 58 Abs. 5 Satz 2 HGO) und das Recht, in den - öffentlichen - Sitzungen der Gemeindevertretung eine von der (Mehrheits-)Auffassung des Gemeindevorstands abweichende Meinung zu vertreten (§ 59 Satz 4 HGO). Der Bürgermeister hat zudem ein Kontrollrecht gegenüber den von der Gemeindevertretung gefassten Beschlüssen (§ 63 HGO).

Der Bürgermeister ist der „Behördenchef“. Er leitet den Geschäftsgang der gesamten Verwaltung (§ 70 HGO) undist Dienstvorgesetzter aller Gemeindebediensteten mit Ausnahmen der Beigeordneten (§ 73 HGO).

Schließlich nimmt der Bürgermeister ordnungsbehördliche Aufgaben und die sonstigen Auftragsangelegenheiten alleinverantwortlich wahr, d.h., er ist nur den Aufsichtsbehörden zur Rechenschaft verpflichtet; die Zuständigkeit von Gemeindevorstand und -vertretung beschränkt sich in diesem Zusammenhang auf haushalts- und personalrechtliche Angelegenheiten (§ 4 Abs. 2 HGO).

Die Bürgermeister werden nach alledem z.T. als - ungeschriebenes - „drittes Organ der Gemeinde“ bezeichnet (vgl. auch Art. 138 HVerf. „…Leiter der Gemeinden“).

Diese Ausführungen gelten entsprechend für die Stellung desLandrats in der Kreisverwaltung. Der Landrat leitet zudem kraft Gesetzes die untere Behörde der Landesverwaltung, deren Zuständigkeitsbezirk mit dem Gebiet des Landkreises identisch ist (§ 1 Abs. 2 HKO). Diese Behörde heißt "Landrat als Behörde der Landesverwaltung" (§ 55 HKO). Die "Landesverwaltung im Landkreis" (so die Überschrift über den Zweiten Teil der HKO) ist im wesentlichen auf die Kommunalaufsicht über die kreisangehörigen Gemeinden beschränkt.

Die Besoldung

Die Besoldung und die Aufwandsentschädigung der Bürgermeister und Landräte richtet sich nach der Hessischen Verordnung über die Besoldung, Dienstaufwandsentschädigung und Reisekostenpauschalen der hauptamtlichen kommunalen Wahlbeamtinnen und Wahlbeamten auf Zeit (KomBesDAV) vom 17. Februar 2014.

Das Hessische Innenministerium hatte im November 2001 die damals geltende HKomBesV zu Gunsten der Bürgermeister und Landräte novelliert und zusätzlich die Aufwandsentschädigung der hauptamtlichen kommunalen Wahlbeamten erhöht.

Zur Vorgeschichte: Zunächst war eine hessische Bundesratsinitiative notwendig, denn die Besoldung der Bürgermeister und Landräte wird durch Höchstsätze begrenzt, die in der Kommunalbesoldungsverordnung des Bundes (BKomBesV) niedergelegt sind. Tatsächlich konnte die erste entscheidende und zunächst unüberwindbar erscheinende Hürde auf dem Weg zu einer Besoldungsanhebung durch den zustimmenden Beschluss des Bundesrats vom 9.3.2001 genommen werden. Die Bundesregierung hat im Anschluss die „Erste Verordnung zur Änderung der Kommunalbesoldungsverordnung des Bundes" zum 24.10.2001 in Kraft gesetzt, welche die hessischen Wünsche in vollem Umfang erfüllte. Damit war der Weg nun endlich frei für die besoldungsrechtliche Gleichbehandlung der hessischen Bürgermeister und Landräte mit ihren Kollegen aus den Bundesländern, in denen die Hauptverwaltungsbeamten kraft Amtes den Vorsitz im Kommunalparlament innehaben (u.a. in Bayern und Baden-Württemberg). Bundesrechtlich stehen die Bürgermeister mit Magistratsvorsitz nunmehr auf einer Stufe mit den Bürgermeistern mit Ratsvorsitz.

Im Jahr 2014 wurde die Dienstaufwandsentschädigung - vormals in einem separaten Gesetz geregelt - in die Verordnung integriert, die nunmehr auch eine neue, erweiterte Bezeichnung trägt (KomBesDAV).

Die Versorgung

Der Wille des Gesetzgebers, das Amt des Bürgermeisters bzw. des Landrats für geeignete Bewerber so attraktiv wie möglich zu gestalten, zeigt sich auch bei der Versorgung. Die im Rahmen der Einführung der Direktwahl in die Kommunalverfassung 1992 sehr großzügig ausgestaltete Versorgungsregelung ist kürzlich vom Landtag mit dem Gesetz zur Modernisierung des Dienstrechts der kommunalen Wahlbeamten vom 28.3.2015 allerdings etwas strenger gefasst worden: eine notwendige und angemessene Reform.

Im Ländervergleich ist das Bürgermeisteramt in Hessen dessen ungeachtet in finanzieller Hinsicht nach wie vor äußerst attraktiv.

Weitere Themen

Internetbekanntmachung unberührt von HEGovG v. 12.9.2018!

An den Modalitäten der Internetbekanntmachung (§ 7 HGO, § 6 HKO, § 66 KWG) hat sich durch das HEGovG nichts geändert. Insbesondere findet § 11 Abs. 2 Satz 2 HEGovG (elektronisches Abonnement bzw. elektronische Hinweisbekanntmachung) keine Anwendung. Das ergibt sich aus § 1 Abs. 1 2. Halbsatz und auch aus § 11 Abs. 2 HEGovG, der auf § 27a Abs. 3 HVwVfGÖffnet sich in einem neuen Fenster verweist (vgl. die Begründung imGesetzentwurf v. 10.5.2018 = LT-Drs. 19/6403 S. 38Öffnet sich in einem neuen Fenster).

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