191 Gemeinden dürfen die Bezeichnung "Stadt" führen ( § 13 Abs. 1 HGOÖffnet sich in einem neuen Fenster). In rechtlicher Hinsicht wirkt sich dies - anders als im Mittelalter - nur in formeller Hinsicht aus. Insbesondere ändert sich die Bezeichnung der beiden Gemeindeorgane: Die Gemeindevertretung heißt Stadtverordnetenversammlung und der Gemeindevorstand nennt sich Magistrat.
Die relativ hohe Zahl der Städte unter den hessischen Gemeinden (45%) erklärt sich daraus, dass das Bundesland Hessen bei seiner Entstehung allen Gemeinden, denen diese Bezeichnung nach dem bisherigen Recht zustand, erlaubte, sich weiterhin "Stadt" zu nennen (§ 13 Abs. 1 Satz 1 HGO). Im Übrigen kann die Landesregierung die Bezeichnung "Stadt" an Gemeinden verleihen, die nach Einwohnerzahl, Siedlungsform und Wirtschaftsverhältnissen städtisches Gepräge tragen. Von diesen drei Voraussetzungen lässt sich die erstgenannte am konkretesten fassen: In der Praxis wurde lange Zeit eine Mindestgrenze von 15.000 Einwohnern verlangt (vgl. LT-Drs. 15/4087). Im Fall der aufstrebenden Gemeinde Erlensee hat die Landesregierung bei ihrem stattgebenden Beschluss v. 30.1.2012 (vgl. StAnz. S. 578) im Zuge der demografischen Entwicklung die Mindestgrenze auf 13.000 Einwohner abgesenkt. Die Landesregierung ist daran interessiert, dass die Verleihung der Bezeichnung "Stadt" als Anerkennung für eine beispielhafte gemeindliche Aufbauarbeit nicht durch eine allzu leichtfertige Vergabepraxis entwertet wird. Insgesamt haben 60 Gemeinden mit Erfolg die Verleihung der Bezeichnung "Stadt" durch die Hessische Landesregierung beantragt. Das HMdI bereitet die Entscheidung der Landesregierung nach § 13 Abs. 1 Satz 2 HGO vor. Es erwartet von einer die Stadtrechtsverleihung erstrebenden Gemeinde die Vorlage eines detaillierten Antrags auf dem Dienstweg. Da die Verleihung der Bezeichnung "Stadt" im Ermessen der Landesregierung steht, wird als ungeschriebene Voraussetzung weiterhin erwartet, dass die Gemeindevertretung ihren Beschluss über die Antragstellung (möglichst) einstimmig gefasst hat.
Einige Gemeinden sind befugt, ihrem eigentlichen Gemeindenamen eine Zusatzbezeichnung beizufügen, die auf ihrer geschichtlichen Vergangenheit, ihrer Eigenart oder ihrer Bedeutung beruht. Bedingung ist, dass ihnen dieses Recht entweder vor 1945 nach "altem" Recht oder aber nach Gründung des Landes Hessen vom Hessischen Innenminister verliehen wurde (§ 13 Abs. 2 HGO). Ein Rechtsanspruch auf die Verleihung besteht nicht, der Ermessensspielraum des Innenministers ist weit gefasst. Ein entsprechender Verleihungsantrag ist danach ohne einen einstimmigen Beschluss der Gemeindevertretung über die Einleitung des Verfahrens wenig erfolgversprechend.
Eine auf der geschichtlichen Vergangenheit der Gemeinde beruhende Bezeichnung kann nur verliehen werden, wenn die Gemeinde in einem ganz besonderen, weithin bekannten Maße mit einem geschichtlichen Ereignis verknüpft ist oder eine geschichtliche Rolle gespielt hat und wenn heute noch ein Interesse daran besteht, die Erinnerung an diese Tatsache wachzuhalten (zum Beispiel "Barbarossastadt" Gelnhausen). Ein solcher Verleihungsantrag ist in der Regel nur erfolgversprechend im Zusammenhang mit einer befürwortenden Stellungnahme des Hessischen LandesarchivsÖffnet sich in einem neuen Fenster, die die antragstellende Gemeinde mit vorzulegen hat. Eine historische Bezeichnung, die die Gemeinde nach § 13 Absatz 1 Satz 1 HGO weiterführen darf, ist beispielsweise "Marktflecken".
Die am häufigsten geführte Sonderbezeichnung ist der dem Gemeindenamen vorangestellte Titel „Bad“. Grundlage für dessen Verleihung ist eine Stellungnahme des vom Hessischen Wirtschaftsminister eingerichteten Fachausschusses für Kurorte, Erholungsorte und Heilbrunnen (vgl. Nr. 3 der Richtlinien des Hessischen Wirtschaftsministeriums vom30.07.2014 über die Anerkennung von Kurorten, Erholungsorten und Heilbrunnen in Hessen, in StAnz. S. 694). Aussicht auf eine befürwortende Stellungnahme durch den Fachausschuss besteht in der Regel nur bei Heilbädern (in Ausnahmefällen auch bei Kneipp-Heilbädern), die sich als „Heilbad“ schon über einen längeren Zeitraumbewährt haben.
Auf die Bedeutung der Gemeinde stellt auch die Bezeichnung „Kreisstadt“ ab, die von den Sitzgemeinden der Kreisverwaltungen beantragt werden kann. Von den 21 Verwaltungsstandorten der Landkreise führen derzeit 13 diese Bezeichnung.
Städte, die Sitz einer Universität sind, kann auf Antrag die Bezeichnung „Universitätsstadt“ verliehen werden. Die Städte Gießen und Marburg tragen als Sitz alter Hochschulen diesen Titel. Gegenwärtig führen zudem die Städte Geisenheim und Idstein den Zusatz „Hochschulstadt“. Eine wesentliche Voraussetzung für die Verleihung der Zusatzbezeichnung ist hierbei, dass die Hochschule in der betreffenden Stadt ihren Hauptsitz hat.
Weitere Bezeichnungen werden im Hinblick auf den Ausnahmecharakter von § 13 Abs. 2 HGO in der Regel nur verliehen, wenn durch den Namenszusatz ein spezielles, einzigartiges Charakteristikum einer Gemeinde gewürdigt werden soll. Wiesbaden erhielt zum Beispiel die Bezeichnung „Landeshauptstadt“.
Bei der Verleihung werden strenge Kriterien angelegt. Eine "allgemeine" Bezeichnung, die zwar in der Bedeutung oder Eigenart der antragstellenden Gemeinde ihre Wurzel haben mag, aber nicht auf einen ganz besonderen, in gewissem Sinn einmaligen Tatbestand Bezug nimmt, also auch auf andere Gemeinden zutreffen würde und daher oft den Anschein eines Reklamezwecks erweckt, wie zum Beispiel „Festspielstadt“, „Messestadt“, „Kurstadt“, „Weinstadt“ oder „Burgenstadt“, kann keine Berücksichtigung finden. Auch Anträge, die darauf abstellen, dass in einer Gemeinde ein bestimmter Wirtschaftszweig stark vertreten ist oder dass sich in ihr ein bekannter Gewerbebetrieb befindet, sind nicht genehmigungsfähig (zum Beispiel "Zwiebackstadt" oder "Opelstadt"). § 13 Abs. 2 HGO hat nicht den Sinn, die Erlangung von Wettbewerbsvorteilen oder die Einführung eines Mehrklassensystems innerhalb der gemeindlichen Familie zu ermöglichen.
Einige andere Bundesländer wie zum Beispiel Bayern haben mittlerweile die Bestimmung in ihrer Gemeindeordnung über die Führung einer Sonderbezeichnung neben dem Gemeindenamen ersatzlos gestrichen oder auf die Bezeichnung "Bad" beschränkt.
Einige Gemeinden sind befugt, ihrem eigentlichen Gemeindenamen ein Unterscheidungsmerkmal (insbesondere Hinweis auf ihre geografische Lage wie "am Main" oder "im Taunus") beizufügen. Auch über die Beifügung von solchen Namenszusätzen entscheidet der Hessische Innenminister als oberste Aufsichtsbehörde ( § 12 Satz 3 HGOÖffnet sich in einem neuen Fenster). Unterscheidungsmerkmale sind dazu bestimmt, einer Verwechselung mit gleichnamigen anderen Gemeinden im Bundesgebiet vorzubeugen. Besteht eine solche Verwechselungsgefahr nicht, kommt die Beifügung eines Unterscheidungsmerkmals zum Gemeindenamen - insbesondere zwecks Werbung für die Gemeinde - nicht in Betracht.
Die Gemeinden mit Unterscheidungsmerkmal zu ihrem Namen wurden nach Abschluss der Gebietsreform vom hessischen Innenminister mit Erlass vom 26.1.1982 (StAnz. S. 271) bekannt gegeben. In der Folgezeit sind nur noch sechs Gemeinden hinzugekommen:
- Liederbach "(Taunus)" am 28. September 1987 (StAnz. S. 2091)
- Langen "(Hessen)" am 4. November 1994 (StAnz. S. 3439)
- Weimar "(Lahn)" am 17. Januar 2002(StAnz. S. 447)
- Rüsselsheim "am Main" am 23. Juli 2015 (StAnz. S. 831)
- Münster "(Hessen)" am 6. März 2017 (StAnz. S. 381)
- Heuchelheim "a. d. Lahn" am 17. März 2019 (StAnz. S. 318).
Einem Antrag einer Gemeinde auf Beifügung eines Unterscheidungsmerkmals zu ihrem Namenmuss ein entsprechender Beschluss der Gemeindevertretung zugrunde liegen. Dem Antrag sind weiterhin befürwortende Stellungnahmen des zuständigen Hessischen Staatsarchivs und des Hessischen Landesamtes für Bodenmanagement und Geoinformation beizufügen.