Innenminister Roman Poseck erklärte anlässlich des fünfjährigen Bestehens der „FOKUS“: „Wenn es um das Wohlergehen und den Schutz von Kindern geht, darf es keine Kompromisse geben. Die Hessische Landesregierung hat daher bereits vor fünf Jahren die Bekämpfung von Kindesmissbrauch und Kinderpornografie zur höchsten Priorität erklärt. Mit der Einrichtung der Einheit „FOKUS“ geht die hessische Polizei konsequent und unter Ausschöpfung rechtlicher und taktischer Mittel gegen Sexualstraftäter vor. Innerhalb der vergangenen fünf Jahre hat die „FOKUS“ hessenweit insgesamt 147 Haftbefehle vollstreckt, über 8.500 Durchsuchungen durchgeführt und rund 150.000 Datenträger, darunter PCs und Notebooks, externe Speichergeräte und mobile Endgeräte sichergestellt. Insgesamt wurden bislang über 9.000 Beschuldigte ermittelt. Die Zahlen sind beeindruckend und machen deutlich, dass unsere Ermittlerinnen und Ermittler alles unternehmen, um Kinder und Jugendliche zu schützen. Dank des engagierten Einsatzes der hessischen Polizei konnten bereits zahlreiche Ermittlungserfolge erzielt und reale Missbräuche gestoppt werden.“
Alleine in diesem Jahr kam es in der Folge von Ermittlungen der „FOKUS“ zu zahlreichen Verurteilungen, unter anderem wurde:
- Im Februar ein 78-jähriger ehemaliger Busfahrer am Landgericht Fulda wegen schweren sexuellen Missbrauchs zu einer Gefängnisstrafe von fünf Jahren und sechs Monaten verurteilt. Der Mann hatte sich 2014 und 2015 wiederholt an einem Mädchen vergangen, wenn dieses alleine im Bus saß. Das Urteil ist rechtskräftig.
- Im Juli verurteilte das Landgericht Frankfurt am Main den ehemaligen Fußballtrainer eines Jugendteams aus dem Main-Taunus-Kreis zu acht Jahren Haft. Der 29-Jährige hatte mehrere Kinder und Jugendliche im Alter zwischen 13 und 16 Jahren über Jahre hinweg sexuell missbraucht. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.
- Im September verurteilte das Landgericht Kassel einen 35 Jahre alten Lehrer aus dem Schwalm-Eder-Kreis zu zwei Jahren Haft auf Bewährung, weil er eine seiner Schülerinnen in fünf Fällen zu sexuellen Handlungen gedrängt hatte. Die Ermittlerinnen und Ermittler hatten auf Speichermedien des Mannes zudem kinderpornografische Dateien sichergestellt. Das Urteil ist rechtskräftig.
Speicherung von IP-Adresse zügig umsetzen
„Die erfolgreiche hessische Bundesrats-Initiative zur Speicherung von IP-Adressen stellt einen wesentlichen Schritt für mehr Kinderschutz dar. Künftig wird es möglich sein, noch mehr Täter zu ermitteln und dingfest zu machen. Bundesinnenminister Alexander Dobrindt hat bereits angekündigt, die Speicherpflicht für IP-Adressen wieder einzuführen. Oftmals sind diese der einzige Ermittlungsansatz und damit essentiell zur Bekämpfung von Kinderpornografie. Die Bundesregierung hat in ihrem Koalitionsvertrag eine dreimonatige Speicherpflicht für IP-Adressen und Portnummern vereinbart, die verhältnismäßig und europa- und verfassungskonform ausgestaltet werden soll. Nun gilt es, dieses wichtige Ermittlungsinstrument, für das wir uns jahrelang eingesetzt haben, zügig umzusetzen“, führte der Minister weiter aus.
Fallzahlen liegen auf hohem Niveau
In den letzten Jahren sind weltweit und auch in Deutschland entsetzliche Straftaten im Bereich Kinder- und Jugendpornografie und dem sexuellen Missbrauch von Kindern und Jugendlichen bekannt geworden. Die Fallzahlen bewegen sich nach einem jahrelangen Anstieg deutschlandweit auf hohem Niveau: Laut Bundeskriminalamt wurden im vergangenen Jahr 16.354 Fälle des Verdachts des sexuellen Kindesmissbrauchs registriert, hinzu kommen 1.191 Fälle des sexuellen Missbrauchs von Jugendlichen. Die Anzahl der Fälle von Herstellung, Verbreitung, Erwerb und Besitz jugendpornografischer Inhalte erreichte 2024 mit 9.601 Fällen einen Höchstwert, die Anzahl der registrierten Straftaten rund um kinderpornografische Inhalte lag bei 42.854 Fällen.
Auch in Hessen sind die Fallzahlen hoch: Für das Jahr 2024 wurden insgesamt 1.077 Fälle von sexuellen Missbrauchsdelikten zum Nachteil von Kindern in der Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) registriert, außerdem 82 Fälle zum Nachteil von Jugendlichen. Hinzu kommen 4.371 Fälle von Erwerb, Besitz und/oder Verbreitung von Kinderpornografie und 899 Fälle von Jugendpornografie.
Clearingstelle zentral im Hessischen Landeskriminalamt (HLKA) eingerichtet
Wesentlich für den Fallzahlenanstieg der vergangenen Jahre im Deliktsbereich der Verbreitung pornografischer Inhalte ist die gesetzliche Meldeverpflichtung US-amerikanischer Internet-Provider, die strafbares Nutzerverhalten innerhalb ihrer angebotenen Dienste über die US-amerikanische Nichtregierungsorganisation „National Center for Missing and Exploited Children“ (NCMEC) unmittelbar und automatisiert an die zuständigen nationalen Behörden zur Einleitung von Strafverfahren übermitteln. Auch für die europäischen Hosting-Dienste-Anbieter existiert seit Februar 2024 ein neuer gesetzlicher Rahmen, um die Verbreitung rechtswidriger Internetinhalte, unter anderem durch ein Melde- und Abhilfeverfahren, einzudämmen.
In Hessen wurde für die Bearbeitung dieser Meldungen eine sogenannte Clearingstelle zentral im Hessischen Landeskriminalamt (HLKA) eingerichtet. Die Clearingstelle kooperiert eng mit der Zentralstelle zur Bekämpfung der Internetkriminalität (ZIT) der Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt am Main. Die rund 30 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter prüfen die eingehenden Meldungen tagesaktuell dahingehend, ob Hinweise auf einen sogenannten Gefahrenüberhang vorliegen und ein Kind akut missbrauchsgefährdet ist. Für den Fall, dass direkter Handlungsbedarf geboten ist, werden die Einsatzkräfte unmittelbar tätig.
„Von dem hohen Engagement der „FOKUS“-Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter habe ich mich bereits selbst bei einem persönlichen Treffen in der Dienststelle überzeugen können. Die Leistung im Rahmen ihrer teilweise sehr belastenden Ermittlungsarbeit verdient höchste Anerkennung und größten Respekt. Die Entscheidung, die Ermittlerinnen und Ermittler der „FOKUS“ mit einer Zulage in Höhe von 300 Euro monatlich für ihre Tätigkeit auszustatten, war richtig. Damit erfährt ihre Arbeit noch mehr Wertschätzung. Ich bin den Bediensteten für ihren unermüdlichen Einsatz sehr dankbar“, so Innenminister Roman Poseck.
Beteiligung an länderübergreifenden Einsätzen
Die „FOKUS“ beteiligte sich bereits mehrfach an länderübergreifenden Aktionen und Ermittlungen, wirkte beispielsweise im April dieses Jahres an einem europaweiten Großeinsatz zur Bekämpfung des Kindesmissbrauchs und der Verbreitung von Kinderpornografie mit. An der von polnischen Sicherheitsbehörden initiierten und von Europol unterstützten Operation mit dem Namen "OP Fever" beteiligten sich 12 Länder, insgesamt wurden 774 Objekte durchsucht und 166 Beschuldigte festgenommen.
Die Ermittlerinnen und Ermittler gehen zudem mehrmals im Jahr mit konzertierten Aktionen gegen Beschuldigte vor, hierbei finden innerhalb weniger Tage hessenweit Durchsuchungen bei durchschnittlich 80 bis100 Personen statt. Die Einsätze werden vom HLKA koordiniert. Hinzu kommen Hunderte von Einzeleinsätzen, die seitens des HLKA und der hessischen Polizeipräsidien umgesetzt werden.
Um sich dem Phänomenbereich ganzheitlich anzunehmen, wurde in der „FOKUS“ neben der konsequenten Strafverfolgung ein sogenanntes „Gefährdermanagement Sexualstraftäter“ etabliert. Neben einem gefahrenabwehrrechtlichen Konzept für haftentlassene und rückfallgefährdete Sexualstraftäter (ZÜRS) wurde ein weiteres Konzept entwickelt. Dieses verfolgt das Ziel, bekannte Straftäter im Bereich des sexuellen Missbrauchs von Kindern und Jugendlichen und der Kinder- und Jugendpornografie mit effektiven präventiven Maßnahmen zu belegen, um weitere Taten verhindern zu können.
Andreas Röhrig, Präsident des Hessischen Landeskriminalamts, sagte: „Wir unternehmen alles in unserer Kraft stehende, um sexuelle Gewalt gegen die Jüngsten und Schutzbedürftigsten unserer Gesellschaft effektiv zu bekämpfen. Dabei sind wir aber auf die Unterstützung der Bürgerinnen und Bürger angewiesen. Wem Hinweise auf einen Missbrauch vorliegen, sollte nicht zögern, die Polizei zu informieren.“
Rund 300 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter
Die Einheit „FOKUS“, die im Oktober 2020 unter anderem aufgrund stetig steigender Fallzahlen, zunächst als Besondere Aufbauorganisation (BAO), ihre Arbeit aufgenommen hat, ist bereits seit Februar 2024 fester Bestandteil der Regelorganisation der sieben hessischen Polizeipräsidien und des Hessischen Landeskriminalamts. Mit dem Ziel, polizeiliche Maßnahmen gegen Kindesmissbrauch und Kinderpornografie in Hessen zu bündeln und zu intensiveren, verfolgt die hessische Polizei mit mehr als 300 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, darunter über 170 Ermittlerinnen und Ermittler, gezielt Sexualstraftaten an Kindern und Jugendlichen. Bei allen hessischen Staatsanwaltschaften sind Sonderdezernate für die Verfolgung von Kinderpornografie und Kindesmissbrauch eingerichtet. Alleine in diesem Jahr wurden bislang rund 1.150 Dursuchungsbeschlüsse sowie 35 Haftbefehle gegenüber knapp 1.160 Beschuldigten vollstreckt und mehr als 13.400. Datenträger sichergestellt.