Das Katastrophenschutzverfahren (EU Civil Protection Mechanism) der Europäischen Union (EU) regelt eine verstärkte Zusammenarbeit der EU-Länder und weiterer Staaten bei der Reaktion auf und Vorsorge für Katastrophen. Beim sogenannten „Pre-Positioning“, einem Bestandteil des EU-Katastrophenschutzverfahrens, werden Feuerwehreinsatzkäfte vorab in besonders waldbrandgefährdeten Regionen Europas stationiert, um bei Bedarf örtliche Kräfte zu unterstützen.
Zum Abschluss der vierzehntägigen EU-Mission und der Rückkehr der Einsatzkräfte dankte Heimatschutzminister Roman Poseck den Frauen und Männern des Einsatzkontingents: „In den zwei Wochen des ,Pre-Positioning‘ in der hessischen Partnerregion Nouvelle Aquitaine waren unsere Einsatzkräfte aufgrund heftiger Waldbrände insgesamt bei acht Waldbränden im Einsatz und konnten ihre französischen Kolleginnen und Kollegen tatkräftig unterstützen. Es freut mich besonders, dass wir unsere Partnerregion so tatkräftig unterstützen konnten und es im Einsatzkontingent trotz der herausfordernden Einsätze keine Verletzten gab. Von Herzen danken möchte ich insbesondere den 26 ehrenamtlichen Feuerwehrfrauen und Feuerwehrmännern aus den Landkreisen Offenbach, Hersfeld-Rotenburg, Odenwald, Fulda und der Stadt Kassel sowie den acht Mitgliedern der Führungsgruppe der Hessischen Landesfeuerwehrschule und des Innenministeriums für ihr Engagement und die höchst professionell geleistete Arbeit. Mein Dank gilt auch dem Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe, das uns zum Beispiel bei der Planung des Einsatzes und der Abwicklung der Logistik unterstützt hat.“
Ralph Tiesler, Präsident des Bundesamtes für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe führte aus: „Die internationale Hilfeleistung bei großen Schadensereignissen ist eine wichtige europäische Aufgabe. Das Pre-Positioning Programm trägt durch die gemeinsamen Übungen und Einsätze zu einer besseren Zusammenarbeit, zum internationalen Austausch sowie zur Weiterentwicklung des europäischen Katastrophenschutzes bei. Das BBK ist hierbei die zentrale fachliche Schnittstelle zwischen der Europäischen Union und Deutschland. Als solche ermöglichen, unterstützen und begleiten wir Aktivitäten im EU-Katastrophenschutzmechanismus gerne und werden diese auch in Zukunft weiter fördern.“
Signal der europäischen Solidarität
Bereits unmittelbar nach ihrer Ankunft in Südfrankreich unterstützten die hessischen Einsatzkräfte bei der Bekämpfung eines rund neun Hektar großen Brandes in Sainte-Raphine. Am 6. Und 7. August mussten zwei Bodenfeuer in Soulignac und Salaunes bekämpft werden. Am 8. August musste ein größeres Feuer auf einem Campingplatz nahe Salles bekämpft werden, sieben Wohnwagen und acht PKW wurden Opfer der Flammen, verletzt wurde glücklicherweise niemand. Am 9. August waren die hessischen Feuerwehrfrauen und Feuerwehrmänner bei der Bekämpfung eines rund 15 Hektar großen Brandes bei Cavignac eingesetzt. Am 10. Und 13. August brannte es in den Kiefernwäldern von Captieux und Hostens auf jeweils 5 Hektar Fläche. Am Abend des 13. August musste die Mannschaft zu ihrem größten Einsatz, dem Brand eines Waldstückes auf 23 Hektar, in Saint-Jean d´Illac ausrücken. Insgesamt kam es täglich, zumeist in den späten Nachmittagsstunden zu Bränden, deren Bekämpfung aufgrund ihrer Ausdehnung jeweils zwischen sechs und acht Stunden dauerte.
„Die erstmalige hessische Beteiligung an einer solchen EU-Mission geht wesentlich auf ein Gespräch zurück, das ich im vergangenen Jahr mit dem damals zuständigen EU-Kommissar Janez Lenarcic geführt habe. Heute lässt sich sagen, dass die Beteiligung am Pre-Positioning-Einsatz in diesem Jahr die richtige Entscheidung war. Wir haben wir so von Hessen aus ein starkes Signal der europäischen Solidarität gesendet. Wir stehen füreinander ein: Die Mitglieder der EU und weiterer europäischer Staaten unterstützen sich im Krisenfall und bereiten sich gemeinsam auf Krisen vor. So werden die Erfahrungen der hessischen Einsatzkräfte aus der Zusammenarbeit mit den französischen Kolleginnen und Kollegen das praktische Zusammenwirken verschiedener Bereiche und Organisationen im Brand- und Katastrophenschutz in Hessen und in künftigen Auslands-Missionen bereichern. Darüber hinaus hat unser Einsatzkontingent zahlreiche praktische Einblicke in die Waldbrandbekämpfung in einer häufig von Waldbränden betroffenen Region gewonnen. Von dem erworbenen Know-How und Wissen sowie dem praktischen Übungseffekt der Einsatzkräfte wird die Vegetations- und Waldbrandbekämpfung in Hessen profitieren; wir werden unsere Einsatzkonzeptionen und die Ausbildung entsprechend weiterentwickeln. Gleiches gilt auch für die französischen Kolleginnen und Kollegen, die von einigen Details der deutschen Ausrüstung und Einsatztaktik begeistert waren. Alles in allem war der Einsatz eine Win-Win-Situation für alle Seiten; Hessen wird sich auch künftig an solchen EU-Missionen beteiligen“, fasst Roman Poseck die Erfahrungen aus Hessens erstem Pre-Positioning-Einsatz zusammen.
Dritter Auslandseinsatz des hessischen Katastrophenschutzes
Dem Einsatz in Südfrankreich gingen in enger Abstimmung mit dem BBK rund ein dreiviertel Jahr lange Vorbereitungen und zwei Ausbildungswochenenden an der Hessischen Landesfeuerwehrschule (HLFS) voraus. Zur Rekrutierung der Einsatzkräfte startete das Hessische Innenministerium Anfang des Jahres einen Aufruf, der sich an alle hessischen Landkreise und kreisfreien Städte richtete. Zwölf Landkreise meldeten daraufhin 28 Einsatzfahrzeuge inklusive des entsprechenden Personals. Aus Sicherheitsaspekten und um die Einsatzbereitschaft bei kurzfristigem Personalausfall zu gewährleisten, wurden aus den Bewerbungen Führungs- (acht Personen) und Mannschaftskomponente (26 Personen) für eine 100%ige Ausfallreserve personell doppelt vorgeplant. Die gemeldeten Einsatzfahrzeuge und Einsatzkräfte der Landkreise und Städte wurden dafür in ein Team A (Einsatzmannschaft) und Team B (Reservemannschaft) eingeteilt. Die Reservemannschaft, die bis zum Einsatz der Mission bereitstand, stellten Einsatzkräfte aus den Landkreisen Werra-Meißner, Rheingau-Taunus, Wetterau, Main-Taunus und der Stadt Frankfurt.
Das Einsatzkontingent war u. a. mit auf die Waldbrandbekämpfung spezialisierten Einsatzfahrzeugen des Hessischen Katastrophenschutzes, wie dem Gerätewagen Logistik Katastrophenschutz (GW-L KatS) mit einem Waldbrandmodul, ausgestattet. Des Weiteren verfügten die Einsatzkräfte über einen Faltbehälter zur Löschwasserversorgung, ein Kreisregnersystem sowie Handwerkzeuge zur Bearbeitung von Bodenflächen und Kettensägen. Um ein einheitliches Auftreten im Einsatz sowie ein einheitlich hohes Sicherheitsniveau der Einsatzkräfte zu gewährleisten, stellte das Land für die Einsatzkräfte je einen Bekleidungssatz, bestehend u. a. aus einem Schutzanzug für Waldbrandeinsätze bereit.
Für den hessischen Katastrophenschutz war der Einsatz in Südfrankreich der dritte Auslandseinsatz nach Slowenien 2014 (flächendeckender Stromausfall) und Griechenland 2021 (Waldbrandbekämpfung).