Hessisches Ministerium des Innern, für Sicherheit und Heimatschutz

Informationen zu hessischen Datenanalyse-Regelungen durch die Polizei

Sehr geehrte Damen und Herren,

vor dem Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe werden heute zwei Beschwerden gegen Regelungen zur Datenanalyse durch die Polizei verhandelt. In Hamburg und Hessen wurden jeweils gesetzliche Regelungen geschaffen, damit die Polizei zur Gefahrenabwehr und Verfolgung erheblicher Straftaten Daten aus Polizeidatenbanken mit einer Software analysieren kann.

Der Hessische Innenminister Peter Beuth hat heute die hessische Regelung vor dem Bundesverfassungsgericht dargelegt. Gerne lassen wir Ihnen das folgende Statement des Hessischen Innenministers Peter Beuth sowie weitere Informationen zur Datenanalyse-Regelung in Hessen zukommen:

„Moderne Kriminalitätsbekämpfung und höchste Ansprüche an den Datenschutz setzen den Einsatz moderner Technologie voraus, um in einer zunehmend digitalisierten Welt den bestmöglichen Schutz der Bevölkerung zu ermöglichen. Es ist unser Anspruch und es wird von uns erwartet, dass wir Gefahren analog und digital erkennen und die gebotenen Maßnahmen rechtzeitig ergreifen. Aus diesem Grund muss unsere Polizei in die Lage versetzt werden, zur Abwehr von Gefahren für höchste Rechtsgüter die eigenen Datenbestände schnell und effizient zu sichten. Die Analyseplattform hessenDATA ist mittlerweile ein wichtiger Baustein unserer Sicherheitsarchitektur, für deren datenschutzkonforme und rechtssichere Anwendung wir eine geeignete Rechtsgrundlage geschaffen haben.

Durch hessenDATA werden die polizeilichen Ermittler und Analysten überhaupt erst in die Lage versetzt, mit enormen Datenmengen in der notwendigen Tiefe zu arbeiten und damit Gefahrenzusammenhänge zu erkennen. Dieses Wissen über Strukturen, Beziehungsgeflechte und Netzwerke ist vor allem im Bereich der Terrorismusbekämpfung oder der Organisierten Kriminalität von besonderer Bedeutung, um schnell und zielgerichtet präventive Maßnahmen zum Schutz der Bevölkerung ergreifen zu können.

Durch die Analyseplattform haben wir die Analysefähigkeit der hessischen Polizei deutlich verbessert. Dabei unterstützt hessenDATA tagtäglich wirkungsvoll die Bekämpfung von Schwerer, Organisierter und politisch motivierter Kriminalität. Zuletzt zeigte sich der Nutzen der Analyseplattform für die Sicherheit auch anhand der bundesweit größten Razzia gegen Reichsbürger: Dank hessenDATA war die hessische Polizei in der Lage, das existierende Beziehungsgeflecht der beteiligten Personen rund um einen der Hauptverdächtigen in dieser Tiefe und mit der nötigen Geschwindigkeit zu erkennen und relevante Verbindungen darzustellen. So konnten die hessischen Erkenntnisse einen wesentlichen Beitrag zum bundesweiten Ermittlungserfolg leisten. Auch im Bereich der Bekämpfung des Missbrauchs von Kindern leistet die Datenanalyseplattform täglich einen unersetzlich wichtigen Beitrag. Dort haben wir es im Durchschnitt pro Fall mit einem Datenvolumen von 3,2 Terrabyte zu tun. Solche Datenmengen kann die Polizei nicht händisch auswerten. Dafür braucht es eine leistungsfähige automatisierte Datenanalyse in Händen der Polizei.“ 

Um welche gesetzliche Regelung geht es in Hessen?

Die Beschwerde vor dem Bundesverfassungsgericht behandelt die Regelung des §25a des Hessischen Gesetzes über die öffentliche Sicherheit und Ordnung (HSOG), die eine automatisierte Datenanalyse durch die Polizei gesetzlich normiert.

Wortlaut des Gesetzestextes:

§ 25a HSOG – Automatisierte Anwendung zur Datenanalyse

(1) Die Polizeibehörden können in begründeten Einzelfällen gespeicherte personenbezogene Daten mittels einer automatisierten Anwendung zur Datenanalyse weiterverarbeiten zur vorbeugenden Bekämpfung von in § 100a Abs. 2 der Strafprozessordnung genannten Straftaten oder zur Abwehr einer Gefahr für den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes oder Leib, Leben oder Freiheit einer Person oder Sachen von bedeutendem Wert, deren Erhaltung im öffentlichen Interesse geboten ist, oder wenn gleichgewichtige Schäden für die Umwelt zu erwarten sind.

(2) Im Rahmen der Weiterverarbeitung nach Abs. 1 können insbesondere Beziehungen oder Zusammenhänge zwischen Personen, Personengruppierungen, Institutionen, Organisationen, Objekten und Sachen hergestellt, unbedeutende Informationen und Erkenntnisse ausgeschlossen, die eingehenden Erkenntnisse zu bekannten Sachverhalten zugeordnet sowie gespeicherte Daten statistisch ausgewertet werden.

(3) Die Einrichtung und wesentliche Änderung einer automatisierten Anwendung zur Datenanalyse erfolgen durch Anordnung der Behördenleitung oder einer oder eines von dieser beauftragten Bediensteten. Die oder der Hessische Datenschutzbeauftragte ist vor der Einrichtung oder wesentlichen Änderung nach Satz 1 anzuhören; bei Gefahr im Verzug ist die Anhörung nachzuholen.

Erläuterungen zur gesetzlichen Regelung in Hessen:

Der § 25a HSOG ermächtigt die hessische Polizei, in begründeten Einzelfällen zum Zweck der vorbeugenden Bekämpfung von erheblichen Straftaten und zur Abwehr konkreter Gefahren für hochrangige Rechtsgüter die bereits vorhandenen polizeilichen Daten automatisiert zu analysieren. Der §25a HSOG schafft zudem auch das notwendige rechtliche Fundament für den ermittlungs- und auswertungsunterstützenden Einsatz moderner Technologie. Deshalb hat sich der Gesetzgeber in Hessen dafür entschieden, eine explizite Norm zur automatisierten Datenanalyse zu schaffen. Die rechtlichen Voraussetzungen und Grenzen wurden intensiv mit dem Hessischen Beauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit abgestimmt. 

Der § 25a HSOG ist einerseits die spezialgesetzliche Rechtsgrundlage für die automatisierte Anwendung zur Datenanalyse. Andererseits zeigt er aber auch klar definierte Grenzen für die Nutzung von automatisierter Datenanalyse auf. Automatisierte Datenanalyse ist nur zur vorbeugenden Bekämpfung von schweren Straftaten oder zur Abwehr von Gefahren für höchste Rechtsgüter möglich.

Erläuterungen zur Arbeitsweise der in Hessen eingesetzten Datenanalyse-Plattform hessenDATA:

Mit der Datenanalyse-Plattform hessenDATA werden ausschließlich bereits rechtmäßig erhobene, vorhandene polizeiliche Daten analysiert. So werden Zusammenhänge erkennbar und die polizeilichen Datenbanken effizient nutzbar gemacht. Eine Anbindung zum Internet gibt es nicht. Künstliche Intelligenz wird nicht angewendet und es gibt auch keinen Zugriff auf Daten aus sozialen Netzwerken. Die Daten liegen sicher auf Servern der hessischen Polizei in einem abgesicherten Rechenzentrum in Hessen, ohne die Möglichkeit des Zugriffs von außen.

Die Analyseplattform hessenDATA ist in Hessen seit 2017 im Einsatz und basiert auf einer eigens für die ermittlungs- und datenschutzrechtlichen Bedürfnisse der hessischen Polizei weiterentwickelten Plattform der Firma Palantir. Das Land NRW nutzt seit 2020 dieses System; Bayern führt es gerade ein.