Innenminister Roman Poseck erklärte nach seinem Besuch: „Mir war es ein wichtiges Anliegen, heute – einem Monat nach dem Bekanntwerden der Vorwürfe gegen Beamte des 1. Reviers – einen persönlichen Eindruck vor Ort zu gewinnen und mit den Dienstgruppen Gespräche zu führen. Die Vorwürfe gegen 17 Beamte wiegen schwer. Sie beschäftigen selbstverständlich auch die Beamten des 1. Reviers, die sich an Recht und Gesetz gehalten haben. Die Beamten erfüllen ihren Beruf mit persönlicher Leidenschaft und beruflicher Hingabe. Sie sind vor allem aber auch selbst Leidtragende des mutmaßlichen Fehlverhaltens Einzelner. Schließlich steht das 1. Revier nicht das erste Mal in der Kritik. In den vergangenen Jahren haben alle an einem Strang gezogen, um das Bild des 1. Reviers wieder ins positive Licht zu rücken. Gleichzeitig ist die Motivation hoch, dass die jetzigen Neuerungen für einen spürbaren Wandel sorgen.
Direkt nach dem Bekanntwerden der Vorwürfe am 10. Oktober haben wir gezielt gehandelt. Mit Stefan Müller an der Spitze des Reviers ist ein Neuanfang gelungen. Der neue Revierleiter hat sich schnell in seiner neuen Rolle gefunden und bereits erste Änderungen gemeinsam mit Polizeipräsident Stefan Müller angestoßen und umgesetzt. Das 1. Revier ist ein Schwerpunktrevier. Deshalb sollen dort künftig vermehrt erfahrene Polizeibeamte zum Einsatz kommen. Das wurde auch in der von den Vorwürfen betroffenen Dienstgruppe berücksichtigt, die komplett neu aufgestellt worden ist. Auch die Rotationspraxis wurde auf den Prüfstand gestellt und beschlossen, dass es keine Wechsel zwischen Brennpunktdienststellen mehr geben soll. Es wurde eine Besondere Aufbauorganisation „BAO Zeil“ gegründet, um den Dienstbetrieb durch die Übernahme von Einsatzmaßnahmen insbesondere in den Wochenendnächten zu entlasten. Dass der Wachbereich umgestaltet werden muss, wurde auch schnell deutlich. Konkret soll eine räumliche Trennung der Wege von Besuchern und Festgenommen durch die Einrichtung eines neuen Wachbereichs, Besucherwarteraums und zusätzlichen Vernehmungsraums erreicht werden. Durch die Entzerrung werden die Arbeitsbereiche übersichtlicher, Gedränge wird vermieden und damit die Sicherheit erhöht.
Ich bin zuversichtlich, dass die Maßnahmen schnell ihre Wirkung entfalten. Mit den folgenden weiteren Schritten wollen wir darüber hinaus die Attraktivität des 1. Reviers steigern und es nachhaltig stärken:
Maßnahmen für Personal
- Beförderungsmöglichkeiten sollen die Tätigkeit auf dem Schwerpunktrevier steigern. Die Verwendung auf Brennpunktdienststellen soll als Qualifikationsvoraussetzung für höhere Führungsaufgaben anerkannt werden,
- Führungskräfte sollen durch Bürokratieabbau mehr Freiräume bekommen, um u.a. Supervisionsaufgaben nachzukommen,
- Führungskräfte sollen gezieltes Coaching und zielgerichtete Aus- und Fortbildung erhalten,
- und die Dienstplanung für die freien Tage zwischen den Schichten soll mehr Verbindlichkeit schaffen.
Maßnahmen für Dienstbetrieb
- Entlastung des Dienstbetriebs durch Herausnahme aus Objektschutzmaßnahmen, größeren Einsatzlagen und zahlreichen Kleinstlagen an Wochenenden,
- Identifizierung der Zeil als eigenen Einsatzraum und Einrichtung eines Schutzmannes / einer Schutzfrau für die Zeil.
- BAO Zeil: Kooperationsprojekt zwischen dem Polizeipräsidium Frankfurt und dem Hessischen Polizeipräsidium für Einsatz mit angepassten Sommer- und Winterkonzept,
- wechselndes Personal in dem sehr herausfordernden Einsatzgebiert,
- ganzheitlicher Ansatz zur Stärkung des Sicherheitsempfindens – von der Ahndung von Ordnungswidrigkeiten bis zu Bekämpfung von Kriminalitätsphänomen.
Zudem hat das Landespolizeipräsidium die Koordinierungsstelle „Lernende Organisation“ (KoSt LeO) eingerichtet, um weitere Maßnahmen wie Supervisionsangebote auszubauen und die Kompetenzen zu Integrität, Umgang mit Fehlverhalten und Resilienz in der Aus- und Fortbildung zu erweitern. Neu ist auch die Zentralisierung der Meldestellen: Im November werden die bereits in den Polizeipräsidien eingerichteten Hinweisgeberstellen gemäß dem Hinweisgeberschutzgesetz im Landespolizeipräsidium zentralisiert. In diesem Kontext wird auch eine Möglichkeit zur anonymen Eingabe von Meldungen sowie der folgenden, anonymen Kommunikation mit Hinweisgebern eingerichtet. Das System wird nach der Zentralisierung Anfang Dezember online gehen.
Ich bin sicher, dass wir mit diesem Maßnahmenpaket das 1. Revier insgesamt und die Dienstgruppen für die Zukunft gut aufstellen. Die Maßnahmen nehmen gezielt die Zeil als eigenen Einsatzbereich in den Fokus und tragen damit zu einem Mehr an Sicherheit in der Frankfurter Innenstadt bei. Die einzelnen Bausteine sind auch eine hervorragende Ergänzung unseres Sofortprogramms „Innenstadtoffensive“.
Das 1. Revier ist und bleibt eine wichtige Einheit im Herzen der Frankfurter Innenstadt. Sie wird gebraucht und sorgt seit Jahren für Sicherheit in dem Brennpunktbereich Zeil. Besonders hervorheben möchte ich die jährliche Polizeiwache auf dem Frankfurter Weihnachtsmarkt, die durch das 1. Revier gestemmt wird. Hier zeigen die Polizisten Bürgernähe und ihre hohe Einsatzbereitschaft für die Sicherheit der Bürger.
Mein Besuch im 1. Revier hat einmal mehr deutlich gemacht, dass mein Vertrauen in die hessische Polizei ungebrochen bleibt. Ich stehe nach wie vor fest hinter den Beamten, die ihre Aufgabe mit Integrität, Engagement und Professionalität ausfüllen und tagtäglich für unsere Sicherheit auf dem Boden unseres Rechtsstaats eintreten. Die hessische Polizei verdient auch weiter uneingeschränkte Rückendeckung. Das mutmaßliche Fehlverhalten innerhalb einer Dienstgruppe darf nicht verallgemeinert werden. Es gilt, eine klare Trennlinie zwischen den sehr wenigen Beamten, die sich mutmaßlich fehl verhalten haben, und den anderen mehr als 16.000 rechtschaffenen Polizisten in Hessen zu ziehen.
Die weiteren Ermittlungen der Staatsanwaltschaft bleiben im Übrigen abzuwarten.“