Im Rahmen seiner Sommertour hat Innenminister Roman Poseck heute die Freiwillige Feuerwehr Friedrichsdorf-Köppern besucht. Vor Ort präsentierte der Hochtaunuskreis Konzept und Maßnahmenpläne, um im Falle eines langanhaltenden Stromausfalls, eines sogenannten Blackouts, die Sicherheit der Bevölkerung zu gewährleisten.
Ziel ist es, die kritischen Infrastrukturen – insbesondere Kliniken, Feuerwehren, Rettungsdienste, Pflegeeinrichtungen, Wasserwerke und Kommunikationswege – durch ein abgestuftes Prioritätensystem mit Notstromversorgung aufrechtzuerhalten. Der Kreis hat bisher 184 sogenannte „Schutzziele“ identifiziert und diese in fünf Prioritätsstufen kategorisiert. Zentrale Elemente des Konzepts sind u.a. die flächendeckende Ausstattung der Feuerwehren als Leuchttürme für die Bevölkerung, der Aufbau einer robusten Notfallkommunikation über Satellitenverbindungen (REDCOM/NYSEOS), eine mehrstufige Planung zur Kraftstoffversorgung (aktuell ca. 137.000 Liter Diesel täglich erforderlich), die Sicherstellung der Trinkwasserversorgung durch mobile Transportsysteme, sowie spezielle Vorkehrungen für stromabhängige häusliche Pflege.
Strategische Risikovorsorge
Innenminister Roman Poseck führte vor Ort aus: „Die Gefahr eines großflächigen, länger andauernden Stromausfalls ist keine abstrakte Bedrohung mehr. Ob durch Extremwetterereignisse, technische Störungen oder gezielte Cyberangriffe im Kontext hybrider Konfliktlagen – unsere moderne, hochvernetzte Gesellschaft ist verletzlich. Was früher als Ausnahme galt, muss heute Teil der strategischen Risikovorsorge sein. Ein flächendeckender Stromausfall hätte weitreichende Folgen für alle Bereiche des öffentlichen Lebens – insbesondere für die sogenannten kritischen Infrastrukturen. Dazu zählen u.a. medizinische Einrichtungen, die öffentliche Wasserversorgung, Kommunikationsnetze sowie Pflegeeinrichtungen. Deshalb müssen wir uns mit diesen Szenarien auseinandersetzen.
Der Hochtaunuskreis hat ein umfassendes Einsatzkonzept zur Vorbereitung auf einen großflächigen Stromausfall (Blackout) vorgestellt und setzt damit Maßstäbe in der kommunalen Resilienzplanung. Mit einem abgestuften Prioritätensystem für die Notstromversorgung kritischer Infrastrukturen und einem weitreichenden Maßnahmenpaket unterstreicht der Kreis seine führende Rolle im Bevölkerungsschutz. Der Hochtaunuskreis zeigt eindrucksvoll, was vorausschauende Katastrophenvorsorge leisten kann.
Ein zentrales Element bildet das sogenannte „Leuchtturmkonzept“: Mehr als 60 Feuerwehrgerätehäuser im Kreis werden als lokale Anlaufstellen für die Bevölkerung im Krisenfall dienen. Sie bieten Notstromversorgung, Funkverbindung, Notrufweiterleitung und Hilfestellung. Diese Leuchttürme sind sichtbare Zeichen der staatlichen Handlungsfähigkeit – und geben den Menschen Halt in einer Ausnahmesituation. Die Notfallkommunikation ist über Satellitensysteme wie REDCOM und NYSEOS sichergestellt – flächendeckend in allen Kommunen. Ergänzt wird das System durch die Hochtaunuskreis-App, Sirenen und mobile Warneinheiten. Eine besondere Herausforderung – die Versorgung mit Kraftstoff – wurde im Kreis detailliert geplant: Bei einem Stromausfall würden täglich bis zu 137.000 Liter Diesel benötigt. Durch dezentrale Tanklager und eine enge Kooperation mit dem regionalen Mineralölhandel ist der Kreis auch hier gut aufgestellt.
Versorgung von rund 4.300 Menschen in der häuslichen Pflege
Ein besonders sensibles Thema ist die Versorgung von rund 4.300 Menschen in der häuslichen Pflege – viele von ihnen auf stromabhängige Geräte angewiesen. In enger Abstimmung mit den Pflegediensten soll auch hier künftig ein flächendeckender Notfallmechanismus etabliert werden. Das Land Hessen flankiert das Engagement des Hochtaunuskreises mit gezielten Schulungsmaßnahmen für Katastrophenschutzstäbe und Verwaltungsmitarbeitende. Zudem wird auf Grundlage der positiven Erfahrungen im Hochtaunuskreis aktuell eine Rahmenempfehlung „Kats-Leuchttürme“ durch das Innenministerium erarbeitet.
Die Verantwortlichen vor Ort denken mit Herz, Verstand und Struktur – und gewährleisten damit die Sicherheit von 236.000 Menschen. Dieses Konzept ist beispielhaft für ganz Hessen.
Ich bin allen Beteiligten dankbar, dass sie sich so intensiv mit dem Thema eines Blackouts auseinandersetzen. Bereits 2023 hat der Hochtaunuskreis für 24-Stunden einen flächendeckenden Stromausfall nachgestellt. Hunderte Einsatzkräfte waren im Einsatz und haben den Ernstfall erprobt. Schon damals hat sich gezeigt, dass die Zusammenarbeit mit Rettungsdiensten, den Kliniken und der Bundeswehr für solch einen Fall unerlässlich sind.
Klar ist, dass Länder Bund, Land, Kreise und Kommunen beim Bevölkerungsschutz an einem Strang ziehen müssen. Deshalb begrüße ich, die Ankündigung der Bundesregierung mehr Mittel für den Bevölkerungsschutz bereitzustellen, Schutzräume auszuweiten und das Alarmsystem zu modernisieren.
Auch Hessen setzt weitere Akzente: Die Hessische Landesregierung wird auch in den nächsten Jahren umfangreiche weitere Beschaffungsmaßnahmen anstoßen und Strategien und Konzepte stetig den aktuellen Herausforderungen weiterentwickeln. Gleichzeitig arbeiten wir daran, die Widerstandsfähigkeit unserer Infrastruktur, aber auch unserer Gesellschaft zu stärken, um unabhängiger und krisenbeständiger zu werden. Dafür haben wir bereits Ende 2023 eine Hessische Resilienzstrategie beschlossen, die bestehenden Maßnahmen zusammenführt und weitere Maßnahmen, wie beispielsweise die Identifikation von möglichen Schwachstellen, die Sicherstellung der eigenen Handlungsfähigkeit in Krisenlagen, die Weiterentwicklung der Rahmenbedingungen für die Funktionsfähigkeit der Kritischen Infrastruktur, vorsieht. Des Weiteren wurde ein ,Gemeinsamer Sicherheitsdialog‘ ins Leben gerufen. Anknüpfend an unsere enge Zusammenarbeit mit dem Landeskommando Hessen kommen hier Vertreter von Bundeswehr, Ministerien, Sicherheitsbehörden, Wirtschaft und den US-Streitkräften zusammen, um aktuelle Themenstellungen und Sicherheitsfragen zu besprechen. So wollen wir Stück für Stück noch resilienter werden.“
Blackout-Konzept des Hochtaunuskreises
Das Blackout-Konzept des Hochtaunuskreises setzt auf einzelne Maßnahmen, die je nach Situation und Lage aktiviert werden können. Folgende Module wurden dem Minister vorgestellt:
- Notfallkommunikation: Für die Kommunikation und Koordination der Einsatzkräfte steht satellitengestützte Kommunikation zur Verfügung – unter anderem auch Satellitentelefone für die Verwaltungsstäbe der Städte und Gemeinden.
- Notfallinformationspunkte: Dies sind öffentliche Einrichtungen, die in einem Katastrophenfall rund um die Uhr besetzt sind und als zentrale Anlaufstelle dienen. Meist sind dies Feuerwehrhäuser. Hier erhalten Menschen Informationen, sie können aber auch Notfälle melden. Die Notfallinformationspunkte haben eine eigenständige Stromversorgung und besitzen dank satellitengestützter Kommunikation eine ständige Verbindung zum Katastrophenstab. Sie sind erkennbar an einem großen roten Schild auf dem ein weißer Leuchtturm mit vier Personen abgebildet sind.
- Trinkwasserversorgung: Sollte das Trinkwassernetz zusammenbrechen, sodass die Bürgerinnen und Bürger zu Hause kein Trinkwasser mehr haben, kann die Bevölkerung an Ausgabestellen bis zu sechs Liter Trinkwasser pro Person und Tag beziehen.
- Mobile Dachlautsprecher: Da Warn-Apps, Radio und Fernsehen bei einem Stromausfall nicht mehr funktionieren, werden Einsatzfahrzeuge mit mobilen Dachlautsprechern ausgestattet. Auf diese Weise wird die Bevölkerung über die Lage informiert.
- Mobile Kraftstoffversorgung: Kritische Einrichtungen wie Krankenhäuser, Pflegeheime und Verwaltungsstellen werden mit diesem Modul mit Treibstoff für Notstromaggregate versorgt.
- Betreuungsplatz: Dieses Modul simuliert eine Notunterkunft mit Betreuungsplätzen, um schutzbedürftige Personen zu versorgen.
Breite Zusammenarbeit
Das Blackout-Konzept hat der Hochtaunuskreis in enger Kooperation mit den Feuerwehren, Hilfsorganisationen, dem THW, benachbarten Kreisen sowie weiteren Behörden und Unternehmen aus den KRITIS-Sektoren erarbeitet.