Die Industrie und Handelskammer (IHK) Limburg hat heute zum Jahresempfang in der Stadthalle Limburg geladen. Neben der Präsidentin Julia Häuser und der Geschäftsführerin Monika Sommer haben etwa 400 Teilnehmer aus Politik und Wirtschaft an dem Empfang teilgenommen. Innenminister Roman Poseck hat die Rede zur aktuellen politischen und wirtschaftlichen Lage in Hessen und Deutschland gehalten und darin ausgeführt:
„Staat, Wirtschaft und Gesellschaft stehen aufgrund aktueller geopolitischer Spannungen und dem schwierigen wirtschaftlichen Umfeld vor einer Vielzahl von Herausforderungen: Terrorismus, Cyberangriffe, organisierte Kriminalität und hybride Bedrohungen aus dem Ausland. Die weltpolitische Lage ist so angespannt wie seit Jahrzehnten nicht. Innere Sicherheit, Energieversorgung, Wirtschaft, Arbeitsmarkt und Digitalisierung wirken heute unmittelbar zusammen. Das hat auch Auswirkungen im Alltag der Menschen und bei Unternehmen.
Land zukunftsfest machen
In so einer Lage ist klar, dass wir neue Ideen und Reformen brauchen, um unser Land zukunftsfest zu machen. Deutschland ist wirtschaftlich ein starkes Land. Unsere Unternehmen sind innovativ, unsere Arbeitnehmer hochqualifiziert, und unsere Gesellschaft ist geprägt von Stabilität und Zusammenhalt.
Aber die Wachstumsraten sind seit Jahren schwach, Investitionen bleiben aus, und die Wettbewerbsfähigkeit gegenüber anderen Volkswirtschaften sinkt. Deshalb müssen wir handeln: Hessen nimmt hier eine vorbildliche Rolle ein: Wir bauen Bürokratie ab, um Wirtschaft, Kommunen und Gesellschaft zu entlasten. Dafür haben wir bereits erste Maßnahmen im Brand- und Katastrophenschutz umgesetzt. Zudem befindet sich derzeit das Kommunale Flexibilisierungsgesetz in parlamentarischer Beratung. Mit ihm sollen die Kommunen in Hessen von unnötigen Standards und Bürokratie entlastet werden. Auch auf Bundesebene braucht es diese Anreize. Die Bemühungen der neuen Bundesregierung, zum Beispiel mit der Modernisierungsagenda oder einem Bundesexperimentiergesetz, Bürokratie abzubauen, begrüße ich sehr. Um schneller zu Fortschritten zu kommen und Bürokratieabbau nicht durch Gesetzgebungskompetenzen zu begrenzen, sehe ich die Notwendigkeit eines Bundesflexibilisierungsgesetzes nach dem Vorbild unseres Gesetzentwurfs für ein Kommunales Flexibilisierungsgesetz. Die Kommunen könnten erheblich entlastet werden, wenn sie sich von aus Bundesrecht ergebenden Standards befreien lassen beziehungsweise neue Verfahren erproben. Davon profitieren Kommunen und Unternehmen gleichermaßen. So könnte der Bürokratieabbau und regulatorisches Lernen auf allen Ebenen angegangen werden. Dieses Thema werde ich auf der kommenden Innenministerkonferenz in Bremen beraten.
Sicherheitsbehörden rechtlich und technisch stärken
Auch das Thema Innere Sicherheit beschäftigt uns: Der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine hat uns schmerzhaft vor Augen geführt, wie real Bedrohungen für Frieden und Stabilität sind. Russland führt einen hybriden Krieg gegen westliche Staaten mit Desinformation, Cyberangriffen und mutmaßlich gesteuerten Störungen, etwa durch Drohnen. In ganz Europa und auch in Deutschland wurden vermehrt Drohnen über kritischer Infrastruktur beobachtet. In Hessen haben wir illegale Drohnenflüge festgestellt. Auch wenn wir nicht so stark betroffen sind wie andere Regionen, nehmen wir diese Bedrohung sehr ernst.
Die hessische Polizei verfügt bereits über Kompetenzen in der Detektion und Abwehr von Drohnen, und wir entwickeln unsere Fähigkeiten konsequent weiter. Denn wir streben auch für Gefahren aus der Luft ein Höchstmaß an Sicherheit an. Gleichzeitig ist wichtig, dass Bund und Länder bei Zuständigkeiten, Technik und Ausstattung eng zusammenarbeiten. Die Drohnenabwehr wird daher auch ein Schwerpunkt der Innenministerkonferenz sein.
Noch dynamischer ist die Bedrohung im digitalen Raum. Die Zahl der Cyberangriffe nimmt stetig zu, genauso wie ihre Professionalität. Betroffen sind Staat, Verwaltung, Unternehmen insbesondere kleine und mittlere Betriebe, die das Rückgrat der hessischen Wirtschaft bilden. Der gesamtwirtschaftliche Schaden geht in Milliardenhöhe. Angriffe auf Lieferketten, Ransomware, staatliche Spionage und Desinformationskampagnen verletzten ebenso unsere Sicherheit.
Darum setzen wir in Hessen auf klare Schwerpunkte: Wir stärken unsere Sicherheitsbehörden rechtlich und technisch. Wir bündeln Kompetenzen, verbessern den Informationsaustausch zwischen Bund und Ländern und treten dafür ein, dass der Bund bei der aktiven Cyberabwehr eine koordinierende Zentralstellenfunktion im engen Schulterschluss mit den Ländern übernimmt. Wir wollen, dass Sicherheitsbehörden die rechtlichen Instrumente eines wehrhaften Rechtsstaats auch nutzen können, etwa bei der befristeten Speicherung von IP-Adressen zur Aufklärung schwerster Straftaten. Es geht nicht um Massenüberwachung, sondern darum, Täter zu identifizieren, statt ihnen im digitalen Raum Straflosigkeit zu gewähren. Auch das neue Polizeirecht sorgt für mehr Kompetenzen. Insbesondere mit dem Einsatz von KI bei der Videoanalyse sammeln wir derzeit in einem Pilotprojekt positive Erfahrungen.
Innenstädte als Lebens- und Wirtschaftsstandorte attraktiver machen
Besondere Aufmerksamkeit widmen wir den kritischen Infrastrukturen. Mit dem hessischen CyberCompetenceCenter, einem Aktionsprogramm Kommunale Cybersicherheit und klaren Mindeststandards durch das Hessische IT-Sicherheitsgesetz stärken wir Prävention, Reaktion und Resilienz. Gleichzeitig nutzen wir den europäischen Rahmen, etwa durch die NIS-2-Richtlinie, und gestalten ihn mit, um die Sicherheit zu erhöhen – ohne Unternehmen mit unnötiger Bürokratie zu überlasten. Das Hessen3C berät zudem Unternehmen kostenlos, um die Cyberresilienz der hessischen Wirtschaft zu erhöhen, damit Angriffe nicht zur Existenzfrage werden.
Aber Sicherheit endet nicht im Digitalen. Menschen haben einen Anspruch darauf, dass es keine rechtsfreien Räume gibt. Deshalb haben wir mit einer Innenstadtoffensive gegen Kriminalität begonnen, besonders belastete Bereiche wie Bahnhofsviertel konsequent in den Blick genommen, verstärkt kontrolliert, illegale Strukturen angegangen und die Polizeipräsenz deutlich erhöht. Das verbessert objektive Sicherheit und subjektives Sicherheitsgefühl gleichermaßen und macht unsere Innenstädte als Lebens- und Wirtschaftsstandorte attraktiver.
Digitalisierung der Polizeiarbeit vorantreiben
Zugleich investieren wir in die Polizei der Zukunft. Wir treiben die Digitalisierung der Polizeiarbeit voran, nutzen moderne Datenanalysesysteme wie HessenDATA, setzen auf KI-gestützte Auswertung rechtmäßig erhobener Daten, rüsten unsere Beamten mit moderner IT, Smartphones, angepasster Ausrüstung und einem leistungsfähigen Fuhrpark aus. Noch nie gab es in Hessen so viele Polizisten wie heute. Klar ist aber auch, dass wir zeitgemäße Ermittlungsmethoden brauchen, auch im Netz, sonst laufen wir Gefahr, dass uns Kriminelle, Extremisten und Terroristen einfach abhängen.
Hessen wird auch künftig eine Sicherheitsarchitektur bieten, auf die sich Bürger ebenso wie Unternehmen verlassen können. Gerade in Zeiten der Verunsicherung und Bedrohung muss die Innere Sicherheit im Zentrum als Garant für unser freiheitliches, demokratisches und wirtschaftlich starkes Miteinander.
Unser Land ist gut gerüstet für die Herausforderungen der Zukunft. Aber wir stehen an einem Wendepunkt. Wir brauchen Reformen, die unseren Standort stärken, unsere Sicherheitsarchitektur modernisieren, unsere Wirtschaft entlasten und unsere Gesellschaft widerstandsfähig machen.“