Hessisches Ministerium des Innern, für Sicherheit und Heimatschutz

Innenminister zur Plenardebatte über die Plattform HessenData

In der heutigen Plenarsitzung des Hessischen Landtags wurde unter anderem über den Setzpunkt der FDP-Fraktion „Palantir ist für Hessens Polizei nicht alternativlos – für einen starken Grundrechtsschutz und digitale Souveränität braucht es den Umstieg auf eine europäische Lösung“ debattiert. Dazu führte Innenminister Roman Poseck aus:

„Angesichts der vielschichtigen Bedrohungen für unsere innere Sicherheit ist es unabdingbar, dass unsere Sicherheitsbehörden bestmöglich ausgestattet sind. Die Polizei muss in der Lage sein, rechtmäßig erhobene Daten aus ihren Beständen in der gebotenen Zeit zu analysieren, um Zusammenhänge, zum Beispiel zwischen Tätern und Taten, erkennen zu können. Die Menschen erwarten zu Recht, dass der Staat seinem Schutzauftrag nachkommt. Da Kriminalität immer umfangreicher und komplexer wird und sich in erheblichem Maße in den digitalen Raum verlagert, ist der Einsatz moderner Technologie unerlässlich. Unsere Sicherheitsbehörden müssen mit dieser Entwicklung Schritt halten und dürfen nicht abgehängt werden. Hessen war Vorreiter und hat seine Polizei bereits 2017 mit der Plattform HessenData dazu befähigt, ihre polizeilichen Datenbanken zeitgemäß zu nutzen und komplexe Datenanalysen zur Bekämpfung schwerer und Organisierter Kriminalität sowie von Terrorismus durchführen zu können.

Schnell hat sich gezeigt, dass hessenDATA ein Gewinn für Hessens Sicherheit ist. So konnte 2018 ein islamistisch motivierter Terroranschlag durch einen 17-jährigen Verdächtigen aus Eschwege verhindert werden. Auch im Kontext von Geldautomatensprengungen und der Aufklärung des Netzwerkes um die mutmaßlich terroristische Vereinigung des Reichsbürgers ,Prinz Reuß‘ hat hessenDATA die polizeilichen Ermittlungen erheblich unterstützt.

Auch das Bundesverfassungsgericht hat bei seiner Urteilsverkündung im Februar 2023 die Nutzungsmöglichkeit von Analyseplattformen ausdrücklich bestätigt. Denn ohne moderne Ermittlungswerkzeuge wie Plattformen zur automatisierten Datenanalyse verlieren unsere Ermittlerinnen und Ermittler den Anschluss an Kriminelle und Terroristen. Daten sind die neue DNA. Es gilt sie im Rahmen des Gebotenen und unserer Gesetze in der Polizeiarbeit zu nutzen, damit Straftaten aufgeklärt und Gefahren für die Bürgerinnen und Bürger abgewehrt werden können.

Belange der IT-Sicherheit und des Datenschutzes wurden von Beginn der Nutzung von HessenData an berücksichtigt. Auf ihnen liegt ein fortwährender Schwerpunkt. Das zeigt sich zum Beispiel an der Einbindung des Hessischen Datenschutzbeauftragten und der hohen IT-Sicherheitsstandards, unter denen die Polizei die Plattform betreibt. Zudem hat eine Quellcodeprüfung der Software durch eine renommierte Forschungseinrichtung keine Schwachstellen ergeben, die einen unzulässigen Abfluss von Daten unter Umgehung von Zugriffsbeschränkungen oder einen unautorisierten Zugriff von außen ermöglichen.

Die Datensouveränität ist bei der Nutzung von HessenData sichergestellt: Externe können auf die Daten nicht zugtreifen. Die Server und die Analysedaten befinden sich in gesicherten Rechenzentren der Hessischen Zentrale für Datenverarbeitung. Die Datenhoheit liegt ausschließlich hier in Hessen, bei der hessischen Polizei. Der technische Support und das Einspielen von Updates geschehen unter Wahrung höchster IT-Sicherheitsstandards und sind Teil eines umfassenden IT-Sicherheitskonzeptes. Die Nutzung von HessenData unterliegt dabei eindeutigen rechtlichen Bestimmungen und alle Zugriffe sind durch ein umfassendes Rechte- und Rollenkonzept klar geregelt; sie werden dokumentiert und protokolliert. Zusätzlich werden seitens des behördlichen Datenschutzbeauftragten regelmäßig stichprobenartige Kontrollen durchgeführt.

Die bei der Beschaffung von hessenData durchgeführte Marktanalyse hat gezeigt, dass nur der Anbieter Palantir alle Anforderungen erfüllte. Dafür spricht auch, dass die Vergabeentscheidung nicht von Wettbewerbern gerügt wurde. Bund und Länder haben sich im Rahmen des Programms Polizei 20/20 frühzeitig auf eine gemeinsame Beschaffung einer polizeilichen Analyse-Software verständigt. Das intensive Auswahlverfahren wurde gemeinsam mit dem Bundesinnenministerium durchgeführt. Im Ergebnis konnte nur ein Anbieter, nämlich Palantir, den Anforderungen gerecht werden. Auch das Vergabeverfahren in Nordrhein-Westfalen und – nach der geplatzten gemeinsamen Beschaffung – in Bayern und Baden-Württemberg endete mit einer Erteilung des Zuschlags an Palantir. Kein anderer Anbieter konnte die Anforderungen mit einer marktreifen Lösung erfüllen. Es ist gut, dass die neue Bundesregierung die Notwendigkeit der automatisierten Datenanalyse unumwunden sieht und sie die Voraussetzungen dafür nun auch im Bund schaffen will. Das ist wichtig, denn Schwerverbrecher und Terroristen machen an Grenzen nicht halt.

Im Rahmen einer Abwägung halte ich die Risiken für unsere Sicherheit durch einen Verzicht auf diese Technologie für schwerwiegender. Gleichwohl wünsche ich mir perspektivisch, dass deutsche oder europäische Lösungen entwickelt werden. Bislang gibt es diese aber nicht. Ein Vakuum können wir uns in Anbetracht der angespannten Sicherheitslage und der Bedeutung der Datenanalyse nicht leisten.

Europa muss im Hinblick auf die schwierige Weltlage insgesamt leistungsfähiger und unabhängiger werden. Dies gilt auch für IT-Entwicklungen und -Plattformen. Wir werden die weitere Entwicklung sorgfältig beobachten und, soweit es möglich ist, auch europäische Fortschritte berücksichtigen. Solange es aber an einer europäischen oder nationalen Lösung fehlt, wäre ein Verzicht auf die Technologie von Palantir eindeutig das größere Sicherheitsrisiko. Ein Vakuum dürfen wir uns in Anbetracht der angespannten Sicherheitslage nicht leisten.

Aus meiner Sicht sollte auch die Zusammenarbeit mit US-Firmen in Fragen der Sicherheit trotz des fragwürdigen Agierens der gegenwärtigen Regierung für uns in Deutschland kein Tabu sein. Eine Partnerschaft in wirtschaftlichen und sicherheitsrelevanten Fragen liegt nach wie vor auch in unserem eigenen Interesse. Ich setze zudem auf etablierte rechtsstaatliche Strukturen in den USA.“