Hessisches Ministerium des Innern, für Sicherheit und Heimatschutz

Landesbeauftragte bei Lesung der Autorin Gusel Jachina

In seiner Beratungs- und Begegnungsstätte für russlanddeutsche Spätaussiedler in Gelnhausen veranstaltete der Spi-Verein - Sprach- und Partnerschaftsinitiative e. V. - eine beeindruckende Autorenlesung mit der international erfolgreichen Autorin Gusel Jachina.

Leiterin der Begegnungsstätte Olga Martens hatte zu einer Lesereihe in den hessischen Städten Gelnhausen, Büdingen und Hanau eingeladen und konnte am ersten Abend in Gelnhausen rund 50 interessierte Gäste begrüßen, darunter Spätaussiedler, mehrere Vertreter des BdV- Bund der Vertriebenen des Main-Kinzig-Kreises sowie Bürger aus Gelnhausen.

Grußwort von LBHS Ziegler-Raschdorf

Landesbeauftragte Ziegler-Raschdorf drückte in ihrem Grußwort ihre Anerkennung und Freude über die aktive und für alle Interessierten offene Begegnungsstätte aus: „das ist gelebtes Miteinander in der örtlichen Gemeinschaft von Gelnhausen, dem neuen Zuhause für viele Russlanddeutsche. So soll es sein! Hier finden Spätaussiedler Ansprechpartner, Schicksalsgefährten und einen gemeinsamen Treffpunkt, was für ihre Selbstidentifikation, Neu-Orientierung in der Ankunftsgesellschaft und insgesamt für die Eingliederung von Russlanddeutschen hier bei uns sehr wertvoll ist. Ein herzliches Dankeschön richte ich an die Leiterin der Begegnungsstätte Olga Martens und ihr Team für ihre kreativen Ideen und für die gute Atmosphäre in der Einrichtung“.

Thema der Lesereihe und des Abends war der weltweit in 20 Sprachen übersetzte Roman „Wolgakinder“ der russischen Autorin tatarischer Abstammung Gusel Jachina, in der sie Alltagsleben und Schicksal der deutschen Siedler an der Wolga beschreibt. Gusel Jachina, selbst an der Wolga aufgewachsen, entdeckte dort die deutschen Spuren der Siedler, die in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts auf Einladung der deutschstämmigen russischen Zarin Katharina der Großen in das russische Reich ausgewandert waren und sich an der Wolga niedergelassen hatten. Daraufhin interessierte sie sich für alles Deutsche, studierte Germanistik und veröffentlichte als Autorin mehrere inzwischen weltweit verbreitete Bücher. Mit ihrem ersten Werk „Suleika öffnet die Augen“ gelang ihr der Durchbruch; das Buch wurde in über 31 Sprachen übersetzt. In dem Roman „Wolgakinder“ beschäftigt sie sich noch eingehender mit dem Leben der Wolgadeutschen, welches für viele Russlanddeutsche, angesichts der Gräuel, die sie erfahren mussten, von ihnen selbst nur bedrückend zu erinnern und zu beschreiben ist.

Lesung aus dem Roman „Wolgakinder“

Unter sachkundiger, einfühlsamer Moderation des Kulturreferenten für Russlanddeutsche am Museum für Russlanddeutsche Kulturgeschichte in Detmold, Edwin Warkentin, fesselte Gusel Jachina Zuhörerinnen und Zuhörer in perfektem Deutsch mit ihren detaillierten Schilderungen, ihren Erfahrungen und überlieferten Kenntnissen über die Deutschen, die in ihrer eigenen Heimat an der Wolga gelebt hatten. Landesbeauftragte Ziegler-Raschdorf erläuterte dazu: „Aufgrund des Stalin-Erlasses vom 28. August 1941 wurden die Wolgadeutschen aus ihren blühenden Siedlungen von der Wolga vertrieben, ihre Familien auseinandergerissen und unter erbärmlichen Umständen in entlegene Regionen des russischen Reiches deportiert. Damit war es mit deutschem Leben an der Wolga vorbei, es sollte sich nie wieder erholen; die „Wolgarepublik“ gab es nicht mehr. Spuren aber sind geblieben und Gusel Jachina weiß diese in beeindruckender Weise zu lesen. Gusel Jachina ist damit in Kreisen der Russlanddeutschen zur überaus geschätzten Kennerin der Historie geworden. Für das Verständnis, das sie den Wolgadeutschen entgegenbringt und wie sie deren Schicksal beschreibt, wird sie hoch anerkannt“.

Juri Diez las ausgewählte Passagen des Romans „Wolgakinder“ vor, bevor Gusel Jachina etliche Fragen aus dem Publikum beantwortete, ihre Bücher signierte und die Gäste auch miteinander ins Gespräch kamen. Dankbar für die erkenntnisreiche Lesung und die schöne Gemeinschaft ließen Veranstalter und Besucher den Abend am offenen Feuer bei selbstgesungenen heimatlichen Liedern mit Gitarrenbegleitung, Gesprächen und einem kleinen Buffet ausklingen.