Hessisches Ministerium des Innern, für Sicherheit und Heimatschutz

75-jähriges Bestehen des Hessischen Landkreistages

Innenminister Peter Beuth hat die Mitgliederversammlung zum 75-jährigen Bestehen des Hessischen Landkreistages besucht und den Mitgliedern für die jahrzehntelange vertrauensvolle Zusammenarbeit mit der Hessischen Landesregierung gedankt.

„Seit 75 Jahren vertritt der Hessische Landkreistag mit starker Stimme die Interessen und Anliegen der Landkreise in Hessen. Die Mitglieder des Hessischen Landkreistags haben mit ihrem unermüdlichen Engagement die Grundlage für starke und stabile Kommunalverwaltungen vor Ort gelegt. Sie sind ein unersetzlicher Partner der Hessischen Landesregierung, ohne deren Zutun vergangene und aktuelle Herausforderungen nicht zu bewältigen wären. Im Jubiläumsjahr stehen wir gemeinsam erneut vor den Herausforderungen, die mit der Aufnahme, Unterbringung, Finanzierung und Integration von Flüchtlingen verbunden sind. Als Bindeglied zwischen Land und Kommunen haben die hessischen Landkreise bereits bis heute Herausragendes für den gesellschaftlichen Zusammenhalt geleistet. Für den engen Schulterschluss, den gemeinsamen Einsatz und das große Engagement in den Landkreisen danke ich Ihnen stellvertretend im Namen der gesamten Hessischen Landesregierung sehr herzlich“, sagte Innenminister Peter Beuth.

Für die Bürgerinnen und Bürger haben die Landkreise eine unverzichtbare Funktion innerhalb der kommunalen Selbstverwaltung. Der Hessischen Landesregierung ist es daher seit vielen Jahren wichtig, dass sie sich nicht weiter verschulden und damit selbst ihre eigenen finanziellen Spielräume beschränken. Gemeinsam war es dem Land Hessen und den Landkreisen in der vergangenen Dekade gelungen, dass immer mehr Landkreise ihren Haushaltausgleich erreichen konnten. Die gute wirtschaftliche Situation, Sparsamkeit vor Ort und finanzaufsichtliche Vorgaben sorgten sukzessive für eine generationengerechte Konsolidierung der Landkreis-Haushalte, welche durch unterschiedliche Programme des Landes (Kommunaler Schutzschirm, Hessenkasse, etc.) sowie jährlich ansteigende Mittel aus dem Kommunalen Finanzausgleich (KFA) unterstützt wurden (siehe Hintergrund). 2022 konnten so alle Landkreise in Hessen ihren Haushalt ausgleichen – trotz der Pandemiejahre und den enormen Kostensteigerungen durch Inflation und Energiekrise.

Konsolidierungskurs durch gestiegene Kosten in Gefahr

Aktuell stehen die hessischen Landkreise vor neuen Herausforderungen. Neben der anhaltenden Inflation belasten derzeit zusätzlich gestiegene Kosten für die Flüchtlingsunterbringung und -betreuung sowie steigende Personalkosten die finanzielle Situation. Für das Haushaltsjahr 2023 rechnen die Landkreise mit einem Defizit von mehr als 280 Millionen Euro und 2024 mit mehr als 480 Millionen Euro. Zur Unterstützung im aktuellen Haushaltsjahr und angesichts der stark anhaltenden Flüchtlingszahlen stellt das Land den Kommunen 2023 zusätzlich 50 Millionen Euro aus dem Landeshaushalt zur Verfügung. Die Landkreise und die kreisfreien Städte erhalten zeitnah zusätzlich weitere 126 Millionen Euro Unterstützungsmittel des Bundes, die das Land 1:1 an die Kommunen weiterreicht. Diese decken die Mehraufwendungen im Flüchtlingswesen ab. Beide Zahlungen des Landes werden die aktuellen Haushaltsdefizite spürbar reduzieren. Anfang November hatten sich die Hessische Landesregierung und der Hessische Landkreistag gemeinsam und gegenüber dem Bund für die Einführung einer Bundespauschale für jeden ab 2024 neu aufgenommenen Asylbewerber ausgesprochen. Dadurch konnte der finanzielle Druck, der derzeit auf den hessischen Landkreisen haftet, aber nur etwas gelindert werden.

„Die hessischen Kommunen und die Landkreise haben in der Vergangenheit große Anstrengungen unternommen, um auf einen soliden finanziellen Pfad zu kommen. Der Ausgleich der hessischen Haushalte ist uns 2022 bis auf wenige Ausnahmen gemeinsam gelungen. Dieser Konsolidierungskurs ist nunmehr durch die erhöhten Kosten der Landkreise bei der Unterbringung und Versorgung von Flüchtlingen ins Wanken geraten. Hier muss der Bund endlich seiner Verantwortung gerecht werden und sich deutlich stärker an den Kosten seiner Flüchtlingspolitik beteiligen. Das Land Hessen und die 21 hessischen Landkreise haben keinen Hebel und keine Möglichkeiten, um die Flüchtlingspolitik des Bundes in geregelte Bahnen zu lenken. Es führt kein Weg daran vorbei, dass die Zahl der nach Deutschland flüchtenden Menschen durch den Bund stärker reguliert werden muss. Nur so können wir letztendlich die Hilfsbereitschaft gegenüber Geflüchteten in unseren Landkreisen erhalten“, sagte Innenminister Peter Beuth.

Unterbringung von Flüchtlingen in den Landkreisen

Aktuell stellt die Aufnahme, Unterbringung und Integration Geflüchteter die Landkreise und das Land Hessen vor große fach- und finanzpolitische Herausforderungen. Die Zahl der Menschen, die nach Hessen kommen, verharrt aktuell auf sehr hohem Niveau. Im dritten Quartal 2023 stieg sie im Vergleich zum zweiten Quartal 2023 deutlich um 70 Prozent an. Die Landesregierung hat daher bereits seit 2022 die Unterbringungskapazitäten der Erstaufnahmeeinrichtung des Landes Hessen (EAEH) ausgebaut. Seit Sommer 2023 wurde die EAEH um weitere 3.000 Plätze erweitert. Zuletzt wurden zusätzliche temporäre Unterbringungsmöglichkeiten auf dem Messegelände in Frankfurt am Main geschaffen. Durch diese Maßnahme konnte die maximale Gesamtkapazität der EAEH auf rund 13.000 Belegungsplätze erhöht werden.

Neu ankommende Asylsuchende werden in der EAEH zunächst vollständig registriert und medizinisch untersucht, bevor das Regierungspräsidium Darmstadt als Zuweisungsstelle die Zuweisung der Menschen vornimmt. Die Zuweisung wird dabei im bewährten Verfahren mit 14-tägiger Vorlaufzeit und damit für die Kommunen planbar sichergestellt. Um den gesamten Registrierungsprozess angesichts anhaltend hoher Zugangszahlen aufrechterhalten zu können, musste die Zuweisung Asylsuchender aus der EAEH in die Landkreise und kreisfreien Städte in den letzten Wochen erhöht werden. Das Land unterstützt die Kommunen beim Abschluss von Verträgen im Zusammenhang mit der Einrichtung kommunaler Unterkünfte, außerdem wird der Einsatz von Einheiten des Katastrophenschutzes für den Aufbau und die Erstbetriebsphase ermöglicht.

Hintergrund:

Unterstützungsprogramme für Hessens Landkreise

  • Ab 2012: Kommunaler Schutzschirm: 3,2 Milliarden Euro
  • 2015-2023: Kommunalinvestitionsprogramm (KIP): Programmvolumen KIP Kommunen 725 Millionen Euro, davon 317 Millionen Euro Bundesmittel
  • 2017-2025: Kommunalinvestitionsprogramm (KIP macht Schule!): Programmvolumen KIP macht Schule! 558 Millionen Euro, davon 330 Millionen Euro Bundesmittel
  • Ab 2018: Hessenkasse-Entschuldungsprogramm: 5 Milliarden Euro für 179 Kommunen
  • Ab 2019: Hessenkasse-Investitionsprogramm: 696 Millionen Euro für 257 Kommunen
  • Ab 2020: KIP und KIP macht Schule!: Pauschalauszahlung 290 Millionen Euro
  • 2020/2021/2022: Hilfen zur Bewältigung der Corona-Krise: 3 Milliarden Euro (inkl. Gewerbesteuerkompensation 2020 in Höhe von 660 Millionen Landesbeitrag)
  • 2023: Flüchtlingshilfe: 745 Millionen Euro, davon rund 178 Millionen weitergeleitete Bundesmittel

Der Hessische Landkreistag

Der Hessische Landkreistag ist die Vereinigung der 21 hessischen Landkreise. Zu seinen Aufgaben gehört unter anderem die Pflege des Selbstverwaltungsgedankens der Landkreise, der Eintritt für die Wahrung der verfassungsmäßigen Rechte seiner Mitglieder und die Interessenvertretung der Mitglieder gegenüber Bund, Land und den Städten und Gemeinden.

Er dient jedoch auch dem Erfahrungsaustausch unter den Landkreisen und berät die Mitglieder bei den die Landkreise betreffenden Fragen. Der Hessische Landtag hat die besondere Bedeutung der kommunalen Spitzenverbände dadurch betont, dass er ein Anhörungsrecht in der Verfassung sowie einem speziellen Beteiligungsgesetz verankert hat. Bevor durch Gesetz oder Verordnung allgemeine Fragen geregelt werden, die Landkreise unmittelbar berühren, ist der Hessische Landkreistag vorher zu hören.