Die Regierungsfraktionen haben ein Gesetzespaket zur Stärkung der hessischen Sicherheitsbehörden verabschiedet. Innenminister Peter Beuth hat die Änderungen sicherheitsrechtlicher Vorschriften, die Fortentwicklung des Hessischen Bereitschaftspolizeipräsidiums zu einem Hessischen Polizeipräsidium Einsatz mit neuen Einsatzkompetenzen sowie Neuerungen im Hessischen Ausführungsgesetzes zum Artikel 10-Gesetz und des Gesetzes zur parlamentarischen Kontrolle des Verfassungsschutzes im Hessischen Landtag begrüßt.
„Die Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger in unserem Land ist für die Hessische Landesregierung von höchster Priorität. Neben unseren Rekordinvestitionen in die Innere Sicherheit und dem historischen Personalaufbau bei der hessischen Polizei ist es immer wieder entscheidend, dass die hessischen Sicherheitsbehörden mit den notwendigen Befugnissen ausgestattet sind, die auf aktuelle Bedürfnisse der Gefahrenabwehr angepasst werden und die aktuelle Rechtsprechung berücksichtigen. Entsprechende Neuerungen gilt es dabei stets so auszugestalten, dass Polizei und Verfassungsschutz effektiv arbeiten können und gleichzeitig die Grundrechte der Bürgerinnen und Bürger gewahrt bleiben. Die vom Hessischen Landtag beschlossenen Gesetzesänderungen bedeuten ein Mehr an Sicherheit für die Hessinnen und Hessen“, so Innenminister Peter Beuth.
Umfangreiche Änderungen
Insbesondere im Hessischen Gesetz über die öffentliche Sicherheit und Ordnung (HSOG) werden mit den Gesetzesänderungen umfangreiche Änderungen vorgenommen:
- Für Fälle der Beziehungsgewalt in den eigenen vier Wänden wurde der Anwendungsbereich der elektronischen Aufenthaltsüberwachung (sog. „elektronische Fußfessel“) auf Fälle der sogenannten häuslichen Gewalt erweitert. Damit erfolgt neben den bereits möglichen Maßnahmen (Wohnungsverweisung, Betreuungsverbot und Kontaktverbot) ein wichtiger Lückenschluss zum effektiven Schutz von Frauen und Kindern vor körperlicher, sexueller und physischer Gewalt in den eigenen vier Wänden. Die elektronische Aufenthaltsüberwachung unterliegt dabei den Regelungen aus §31a HSOG und ist damit nur auf richterliche Anordnung möglich.
- Eine ausdrückliche Rechtsgrundlage für das IP-Tracking im Bereich der Gefahrenabwehr wurde aufgenommen. Diese ist beispielsweise bei Suizidankündigungen oder Amoklaufandrohungen via Internet von hoher Relevanz.
- Es werden zusätzliche Rahmenbedingungen geschaffen, um den Einsatz automatischer Kennzeichenlesesysteme in Dienstfahrzeugen, sogenannter In-car-AKLS, zu ermöglichen.
- Um insbesondere Rechtsextremismus und den Anstieg von Hasskriminalität noch effektiver zu bekämpfen, wurden die Straftaten „Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen“, „Störung des öffentlichen Friedens durch Androhung von Straftaten“, „Volksverhetzung“ und „Anleitung zu Straftaten“ in den Katalog der Delikte mit „erheblicher Bedeutung“ aufgenommen. Diese Änderung erweitert die polizeilichen Maßnahmen im Rahmen der präventiven Gefahrenabwehr.
- Damit die hessischen Ermittlerinnen und Ermittler die Analyseplattform hessenDATA als zentrales Werkzeug in der Bekämpfung Schwerer, Organisierter und Staatsschutzkriminalität auch weiterhin verfassungskonform einsetzen können, wurde §25a HSOG unter Beachtung der neuesten Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts neu gefasst. Hierzu wurde ein austariertes und wirkungsvolles System mit drei Varianten zur Abwehr konkreter Straftaten und zur tagtäglichen Verhinderung von schweren Straftaten entwickelt.
- Es wird weiterhin der Schutz der Berufsgeheimnisträger ausgebaut. Unter Beachtung der einschlägigen Rechtsprechung des BVerfG wird der Schutz der nach §§ 53 und 53a StPO zeugnisverweigerungsberechtigten Berufsgeheimnisträger vor verdeckten Maßnahmen neu geregelt. Dabei wird das öffentliche Interesse an einer effektiven Gefahrenabwehr, soweit rechtlich zulässig, mit dem Interesse an der Geheimhaltung der anvertrauten Informationen in einen Ausgleich gebracht.
- Es werden darüber hinaus notwendige Befugnisse für die Sicherheitsbehörden wie die Videosicherheitstechnik an besonderen Gefahrenpunkten eingeräumt. Die Kameras sollen insbesondere an jenen Gefahrenpunkten eingesetzt werden können, an denen es zu einem erhöhten Aufkommen an Straftaten kommt. Die Schaffung der Vermutungsregelung ermöglicht den Beamtinnen und Beamten den erleichterten und flexibleren Einsatz von Videotechnik an Gefahrenpunkten.
- Die Umorganisation des Hessischen Bereitschaftspolizeipräsidiums zu einem Hessischen Polizeipräsidium Einsatz schafft die erforderlichen Voraussetzungen, die zukünftig an eine leistungsstarke Einsatzbehörde gestellt werden. Wie in anderen Bundesländern bereits erfolgreich etabliert, wird die neue Behörde künftig neben der Bereitschaftspolizei, der Wasserschutzpolizei und der Polizeifliegerstaffel auch die reformierten hessischen Spezialeinheiten umfassen. Die Behörde wird damit künftig über eine breitere Aufgabenpalette und damit höhere Einsatzkompetenz verfügen. Die entstehenden Synergieeffekte sollen die Einsatzfähigkeit der hessischen Polizei weiter erhöhen.
Umsetzung der neuen Vorgaben
Umsetzung der neuen Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts zu Eingriffs- und Übermittlungsbefugnissen des Verfassungsschutzes und Stärkung seiner parlamentarischen Kontrolle
- Die umfassende Änderung des Hessischen Verfassungsschutzgesetzes berücksichtigt zahlreiche neue Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts, insbesondere schärfere Anforderungen an die Übermittlung von nachrichtendienstlichen Erkenntnissen an Polizei und Strafverfolgungsbehörden. Daneben werden die Regelungen zur Beobachtung von Einzelpersonen an die des Bundesverfassungsschutzgesetzes angepasst. Während Radikalisierungsverläufe von Extremisten früher vor allem aus Personenzusammenschlüsse resultierten, radikalisieren sich Einzeltäter heute zunehmend im Internet. Gerade die Sozialen Netzwerke bieten Extremisten im Alltag immer wieder einen Nährboden für die Verbreitung von Agitation, Hass und Hetze. Mit der Gesetzesänderung wird daher nunmehr die Aufklärungsmöglichkeit für den hessischen Nachrichtendienst in diesem Bereich verbessert. Darüber hinaus wurde das Auskunftsrecht von Bürgerinnen und Bürgern gestärkt.
- Der Verfassungsschutz wird in Zukunft einer noch stärkeren parlamentarischen Kontrolle unterliegen. Mitgliedern der parlamentarischen Kontrollkommission werden Zutrittsrechte zu den Dienststellen des Landesamts für Verfassungsschutz eingeräumt. Darüber hinaus wird die Parlamentarische Kontrollkommission durch die Einrichtung eines ständigen Geschäftsführers gestärkt.