Die Hessische Landesbeauftragte für Heimatvertriebene und Spätaussiedler, Margarete Ziegler-Raschdorf, nahm an beiden Tagen am Seminar als Referentin teil und konnte im Rahmen der Podiumsdiskussion am zweiten Tag das Engagement der Hessischen Landesregierung und der Landesbeauftragten im Themenbereich Heimatvertriebene und Spätaussiedler darlegen und erläutern.
Nach dem einführenden Vortrag „Flucht und Vertreibung um 1945 und das Jahrhundert der ethnischen Säuberungen. Eine abgeschlossene Geschichte“ von Prof. Dr. Manfred Kittel, Gründungsdirektor der Stiftung „Flucht, Vertreibung, Versöhnung“, folgte eine hochinteressante Buchpräsentation und Lesung der beiden Autoren und Journalisten Thomas Kreutzmann und Werner Sonne. Sie stellten ihr aktuelles Buch „Schuld und Leid – das Trauma von Flucht und Vertreibung 1945 – 2022“ vor und schlugen damit auch die Brücke ins 21. Jahrhundert. „Gerade mit Blick auf den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine, der nun schon 22 Monate andauert, muss man sich die Frage stellen, ob die Menschheit nichts aus der Vergangenheit gelernt hat und ob eine Zukunft frei von Flucht, Vertreibung, Krieg und Gewalt überhaupt möglich ist“, so Margarete Ziegler-Raschdorf.
20. Jahrhundert war Jahrhundert der Vertreibungen
Der zweite Seminartag begann mit einem Vortrag des Europa- und Völkerrechtlers an der Universität Innsbruck, Prof. Dr. Peter Hilpold, der per Video zugeschaltet war. Er beschäftigte sich mit dem Aspekt „Vertreibungen und das Völkerrecht – die Last der Vergangenheit“. Auf dem Podium diskutierten anschließend neben der Hessischen Landesbeauftragten für Heimatvertriebene und Spätaussiedler, Margarete Ziegler-Raschdorf, Prof. Dr. Manfred Kittel, die beiden Autoren Thomas Kreutzmann und Werner Sonne, der Geschäftsführer und wissenschaftliche Leiter der Kulturstiftung der deutschen Vertriebenen, Thomas Konhäuser, sowie Reinfried Vogler als Zeitzeuge und Ehrenvorsitzender der Kulturstiftung unter der Moderation von Gunter Geiger, Direktor der Katholischen Akademie des Bistums Fulda. Im Mittelpunkt stand neben der Besprechung des Buches „Schuld und Leid“ eine kontroverse Diskussion der neuerdings zunehmend verwendeten Begriffe für die Ereignisse von Flucht und Vertreibung wie „Migration“, „Zwangsmigration“, „Gewaltmigration“ oder auch „Genozid - Völkermord“.
Das 20. Jahrhundert wird als Jahrhundert der Vertreibungen in Erinnerung bleiben: Angefangen bei dem Völkermord an den Armeniern während des Ersten Weltkrieges, über die Vertreibungen und Deportationen während des Holocaust, die nationalsozialistischen ethnischen „Flurbereinigungen“ im östlichen Europa, hier ist insbesondere der Warthegau zu nennen, die stalinistischen Deportationen und die Vertreibung von etwa 14 Millionen Menschen aus den ehemaligen deutschen Ost- und Siedlungsgebieten zum Ende des Zweiten Weltkrieges und in den Folgejahren. „Diese Aufzählung stellt eine lange Reihe von unfassbaren Verbrechen und Tragödien dar, an deren Ende der Verlust der Heimat, Entwurzelung sowie Tod und häufig auch Massenmord standen. Dabei dürfen wir nicht vergessen, dass es hier nicht bloß um blanke, geschichtliche Fakten geht, sondern dass damit unzählige menschliche Schicksale verbunden sind, die unsere Großeltern- und Eltern-Generation betroffen haben“, machte Landesbeauftragte Ziegler-Raschdorf deutlich.
„Ich bin froh, dass ich an beiden Tagen an diesem spannenden und sehr aktuellen Seminar hier in Fulda teilnehmen konnte und danke den Verantwortlichen der Katholischen Akademie des Bistums Fulda und der Kulturstiftung der deutschen Vertriebenen für die Organisation und Ausrichtung des Seminars. Namentlich sei Gunter Geiger und Thomas Konhäuser gedankt, die meine Idee für dieses Seminar aufgegriffen haben. Gerne habe ich dafür eine Förderung durch das Hessische Ministerium des Innern und für Sport aus Kulturmitteln nach § 96 Bundesvertriebenengesetz von rund 3.000 Euro vermittelt“, erklärte Landesbeauftragte Ziegler-Raschdorf abschließend.