Innenminister Roman Poseck führte anlässlich der Aktuellen Stunde „Keine Macht dem Extremismus! Verfassungsschutzbericht 2024 zeigt: Hessens Verfassungsschutz wirkt und hat extremistische Bedrohungen von links und rechts sowie Islamismus weiterhin fest im Blick.“ aus: „Unsere Demokratie ist ein hohes Gut. Sie gründet auf Freiheit, Menschenwürde und Rechtsstaatlichkeit. Doch sie wird aktuell von verschiedenen Seiten herausgefordert.
Der Rechtsextremismus, der Linksextremismus und der islamistische Extremismus sind unterschiedliche Ideologien, doch sie stellen gemeinsam unsere freiheitlich demokratische Grundordnung auf die Probe. Sie lehnen den demokratischen Diskurs ab, sie verachten Vielfalt und setzen auf Gewalt anstatt auf Argumente.
Der Verfassungsschutzbericht 2024 unterstreicht, dass die extremistischen Gefahren zunehmen. Auch wenn ein geringer Rückgang des extremistischen Personenpotenzials zu erkennen ist, bleibt dieses mit 12.905 Extremisten auf einem weiterhin hohen Niveau. Zusätzlich ist eine besorgniserregende Veränderung der Qualität des Extremismus festzustellen. Das zeigt sich an dem enormen Anstieg der extremistischen Straf- und Gewalttaten von 1.881 auf 2.527, also um 34 Prozent.
Diese Entwicklung ist ein klares Signal für eine zunehmende Radikalisierung und Aggressivität in bestimmten Milieus. Besonders deutlich zeigt sich das beim Rechtsextremismus: Hier sind die Straf- und Gewalttaten am stärksten von 1.445 (2023) auf 1.997 (2024) angestiegen, was einer Zunahme von fast 40 Prozent entspricht. Diese Zahlen unterstreichen, dass der Rechtsextremismus aktuell die größte Bedrohung für unsere Demokratie ist.
Auch der Linksextremismus weist laut Verfassungsschutzbericht ein konstant hohes Personenpotenzial mit zunehmender krimineller Energie auf. Linksextreme waren im Jahr 2024 für 155 Straf- und Gewalttaten verantwortlich, ein Plus von 12 Prozent im Vergleich zu 2023. Dass es auch hier eine neue Qualität der Angriffe gibt, hat zuletzt der Brandanschlag auf Strommasten in Berlin, der mutmaßlich aus der linksextremistischen Szene verübt wurde, deutlich gemacht.
Besorgniserregend ist zudem, dass es seit dem Angriff der Hamas auf Israel zunehmend offenen Antisemitismus in unserer Gesellschaft gibt. Wir beobachten auch Verbindungen von Teilen der linksextremistischen Szene mit extremen Teilen der pro-palästinensischen Szene. Grenzen sind eindeutig überschritten, wenn Israel das Existenzrecht abgesprochen, auf Versammlungen „From the river to the sea“ gerufen wird und Menschen jüdischen Glaubens herabgewürdigt werden. Es beschämt mich zutiefst, was Jüdinnen und Juden inzwischen bei uns erleben müssen.
Auch wenn islamistische Gewalt- und Straftaten zurückgegangen sind, bleibt auch hier die Gefahr weiterhin groß. Vor allem radikalisierte Einzeltäter stellen nach wie vor eine potenziell tödliche Bedrohung dar.
Bei allen Sorgen und Herausforderungen bleibt auch die Feststellung, dass Hessen im Ländervergleich gut dasteht. Die extremistischen Bedrohungen sind bei uns geringer als in den meisten anderen Bundesländern. Dies liegt auch an dem entschlossenen und wachsamen Handeln unserer Sicherheitsbehörden, insbesondere des Verfassungsschutzes, aber auch der Polizei. Hessen hat gut aufgestellte Sicherheitsbehörden. Es war richtig, diese personell zu verstärken. Genauso war es notwendig, diese mit weiteren Befugnissen auszustatten.
Die Erfolge sind sichtbar: Hessen belegt bei extremistischen Gewalttaten im Ländervergleich hinterste Plätze, also Plätze mit dem geringsten Straftatenaufkommen: Beim Rechtsextremismus 13 von 16, beim Linksextremismus 12 von 16, bei der ausländischen Ideologie 14 von 16; bei der religiösen Ideologie liegt Hessen auf Platz 10 von 16; bei den Reichsbürgern belegt Hessen sogar den letzten Platz mit den wenigsten Gewalttaten durch Reichsbürger. Das zeigt wieder einmal, dass Hessen ein überdurchschnittlich sicheres Bundesland ist und sich die Bürgerinnen und Bürger auf die Sicherheitsbehörden verlassen können.
Doch der Verfassungsschutz kann diese Aufgaben nicht alleine leisten. Es braucht eine starke Gesellschaft, die für die freiheitlich demokratische Grundordnung einsteht. Demokratie lebt vom gegenseitigen Respekt, Engagement, Zivilcourage und offenem Dialog. Darum ist es unsere gemeinsame Aufgabe, jeder Art des Extremismus entgegenzutreten. Es darf keine falsche Toleranz gegenüber Extremisten geben - weder am rechten noch am linken Rand. Wir brauchen eine klare Abgrenzung von Extremisten und eine Ächtung extremistischen Gedankenguts und extremistischer Methoden - in Schulen, am Stammtisch, in Vereinen, in Universitäten, in der Politik, also in unserer gesamten Gesellschaft.“