Er hat nach 17 Jahren das Institut an seinen Nachfolger Prof. Dr. Sven Hartwig übergeben. Zudem feiert das ebenfalls am Institut angesiedelte Forensische Konsil Gießen, eine Einrichtung für den medizinischen Opferschutz, in diesem Jahr sein zehnjähriges Bestehen. Anlässlich dieser Jubiläen richtet die Rechtsmedizin heute ein Symposium im Biomedizinischen Forschungszentrum Seltersberg aus.
Innenminister Roman Poseck hat in seinem Grußwort ausgeführt: „Die Rechtsmedizin in Gießen ist für mich zunächst mit ganz persönlichen Erfahrungen verbunden. Als Gießener Jurastudent habe ich hier vor mehr als 30 Jahren erste Einblicke in die spannende und wichtige Arbeit der Rechtsmedizin gewinnen können. Für uns Studenten waren die Vorlesungen und Seminare faszinierend, aber auch ein wenig beklemmend. Als junger Richter am Landgericht in Limburg habe ich dann vor 25 Jahren in konkreten Prozessen erfahren können, wie unverzichtbar die Erkenntnisse der Rechtsmedizin für die Urteilsfindung sind.
Beeindruckende Geschichte von 60 Jahren
Das Institut für Rechtsmedizin der Justus-Liebig-Universität Gießen blickt in diesem Jahr auf eine beeindruckende Geschichte von 60 Jahren zurück. Seit der Gründung hat sich das Institut zu einem wichtigen Zentrum für forensische Wissenschaften in Deutschland entwickelt. Das hier entstandene Fachwissen ist von unschätzbaren Wert für die Wissenschaft und für die Gesellschaft. In den vergangenen sechs Jahrzehnten konnten dank der Rechtsmedizin unzählige Verbrechen aufgeklärt werden. Die enge Zusammenarbeit von Medizin, Justiz und Polizei ist an dieser Stelle von entscheidender Bedeutung. Die medizinische Rekonstruktion hat vor allem bei Gewaltverbrechen und Todesfällen einen gewichtigen Einfluss auf die juristische Bewertung von Sachverhalten. Die Rechtsmediziner unterstützen, um die Täterschaft oder Beteiligung an Straftaten von Menschen mit nahezu an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit festzustellen. Gleichzeitig werden aber auch Menschen entlastetet, die in einem Strafverfahren zu Unrecht beschuldigt wurden. Gerechtigkeit ist ohne eine leistungsfähige Rechtsmedizin nicht denkbar. Ihr Wirken trägt auch erheblich zur Sicherheit in unserem Land bei.
In den vergangenen sechs Jahrzehnten hat die Rechtsmedizin in Gießen nicht nur zur Aufklärung von Verbrechen beigetragen, sondern auch die Forschung in diesem Bereich vorangetrieben. Zahlreiche Studien und Projekte helfen, das Verständnis von Todesursachen, Verletzungen und anderen forensischen Fragestellungen zu vertiefen. Diese wertvollen Erkenntnisse fließen nicht nur in die Lehre, sondern auch in die praktische Anwendung.
Entscheidend geprägt hat die Rechtsmedizin Prof. Dr. Dr. Reinhard Dettmeyer, der 17 Jahre lang an der Spitze des Instituts stand. Er hat nicht nur dazu beigetragen, viele Verbrechen aufzuklären, sondern auch Gerechtigkeit für die Opfer zu schaffen. Ich danke Herrn Dettmeyer für seinen jahrelangen Einsatz zur Verbrechensaufklärung und wünsche ihm für seinen weiteren Lebensweg alles Gute und Gesundheit.“
Hintergrund:
Die Anfänge der gerichtlichen Medizin und forensischen Toxikologie lassen sich in Gießen bis in das 18. Jahrhundert zurückverfolgen. Selbst Justus Liebig (1803 – 1873), Namenspatron der Universität Gießen, war als Sachverständiger in zweifelhaften Rechtsfragen geschätzt. Im Herbst 1964 wurde an der JLU der Lehrstuhl für Gerichtliche Medizin errichtet und das Institut für Gerichtliche Medizin in der Frankfurter Straße 58 gegründet. 1969 erfolgten die Umbenennung des Faches und des Institutes – fortan hieß das Haus Institut für Rechtsmedizin.
Vier verschiedene Leiter haben das Institut individuell geprägt und stetig ausgebaut. Das umfangreiche Aufgabenspektrum umfasst neben gerichtlichen Obduktionen und Feuerbestattungsleichenschauen vielfältige weitere forensische Dienstleistungen vom Vaterschaftstest bis zur Alkoholbestimmung in Straßenverkehrsblutproben. Das vom Institut für Rechtsmedizin Gießen versorgte Gebiet erstreckt sich heute mit den fünf Landgerichtsbezirken Limburg, Gießen, Marburg, Fulda und Kassel auf zwei Drittel der Landesfläche Hessens bzw. auf 2,7 Millionen Bürgerinnen und Bürger.