Im Januar 2021 wurde bereits die Zentrale Staatsanwaltschaft für Medizinwirtschaftsstrafrecht (ZSMS) bei der Staatsanwaltschaft in Fulda geschaffen. Beide Dienststellen befinden sich in unmittelbarer räumlicher Nähe in Fulda, um eine enge Zusammenarbeit zu gewährleisten.
Die bundesweite Polizeiliche Kriminalstatistik weist in den letzten fünf Jahren durchschnittlich 4.700 Ermittlungsverfahren im Kontext Abrechnungsbetrug im Gesundheitswesen aus. Im vergangenen Jahr betrug das erfasste Schadensvolumen 199 Millionen Euro. Ausweislich der Angaben des Spitzenverbandes der Gesetzlichen Krankenversicherungen (GKV) wird jedoch von einem faktischen, jährlichen Schaden von mindestens 14 Milliarden Euro ausgegangen.
Wirtschaftskriminalität im Gesundheitswesen konsequent verfolgen
Innenminister Roman Poseck erklärte nach seinem Besuch: „Hessen hat mit der Einrichtung der Zentralstelle Medizinwirtschaftskriminalität und der Schwerpunktstaatsanwaltschaft für Medizinstrafrecht den richtigen Weg bei der Bekämpfung von Straftaten im Gesundheitswesen eingeschlagen. Die hohen Schadenssummen sind nicht nur ein Milliardengeschäft für Kriminelle, sondern können auch negative Folgen wie steigende Kassenbeiträge für Patienten haben. Daher braucht es eine gemeinsame Strategie von Justiz und Polizei, um die Wirtschaftskriminalität im hessischen Gesundheitswesen konsequent zu verfolgen. Die Gespräche mit LKA-Präsident Andreas Röhrig und dem Leiter der ZMWK Fulda Jörn Sippel haben gezeigt, dass die Bekämpfung von Abrechnungsbetrug im Gesundheitswesen hier in sehr guten Händen liegt. Im vergangenen Jahr hat es 147 Betrugsfälle im Gesundheitswesen gegeben, davon wurden mit 145 Fällen, also mit 98 Prozent nahezu alle aufgeklärt. Auch in diesem Jahr bewegt sich die Fallzahl und Aufklärungsquote auf einem ähnlichen Niveau. Allerdings ist von einem hohen Dunkelfeld auszugehen. Die Diskrepanz von belegbaren, statistischen Fallzahlen und dem Dunkelfeld weist daraufhin, dass Abrechnungsbetrug im Gesundheitswesen ein reines Kontrolldelikt ist. Um die Täter zu ermitteln, bedarf es daher eines besonderen Spezialwissens. Dieses ist bei den Bediensteten hier in der Zentralstelle in hohem Maß vorhanden.
Dass gegenwärtig nahezu 90 Prozent aller hessischen Ermittlungsverfahren im Medizinstrafrecht durch die ZMWK bearbeitet werden, unterstreicht die hohe Professionalität und Akzeptanz der Zentralstelle. Zudem hat es bereits zu einer spürbaren Entlastung der Fachkommissariate bei den Polizeipräsidien geführt. Die enge und sehr gute Zusammenarbeit mit der Schwerpunktstaatsanwaltschaft Fulda unter Leitung von Oberstaatsanwältin Alexandra Löw trägt auch zu den Ermittlungserfolgen bei.
Ich danke allen Beteiligten für die hervorragende Arbeit und das herausragende Engagement im Kampf gegen Wirtschaftskriminalität.“
LKA-Präsident Andreas Röhrig sagte nach dem Besuch: „Abrechnungsbetrug im Gesundheitswesen verursacht nicht nur immense finanzielle Schäden, sondern birgt auch Gefahren für die Gesundheit von Patientinnen und Patienten. Zur strategischen Bekämpfung dieser Straftaten bedarf es der kriminalistischen Expertise bei den Ermittlungs- und Strafverfolgungsbehörden. Deshalb wurde beim Hessischen Landeskriminalamt eine Schwerpunktdienstelle gegründet, die die hessenweite Koordinierung sowie eigenständige Ermittlungen in komplexen und herausragenden Verfahren im Abrechnungsbetrug übernimmt. Die Außenstelle des HLKA in Fulda stellt eine weitere Säule der Sicherheitsarchitektur der hessischen Polizei dar.“
Zur Zentralstelle Medizinwirtschaftskriminalität (ZMWK)
Die ZMWK übernimmt die hessenweite deliktspezifische Koordinierung sowie die eigenständigen Ermittlungen in komplexen und herausragenden Verfahren im Abrechnungsbetrug sowie in der Korruptionsbekämpfung im Gesundheitswesen. Für die ZMWK werden ausschließlich neun zusätzliche Stellen eingesetzt. In den Ermittlungsfokus der ZMWK geraten niedergelassene Ärzte oder Kliniken sowie kriminelle Handlungen von sog. Hilfs- und Heilmittelerbringern, wie Apotheken, therapeutischen Einrichtungen, Sanitätshäusern, Hörakustikern, Augenoptikern. Über die Landesgrenzen hinaus ist die ZMWK Teil einer bundesweiten Arbeitsgruppe, die als polizeiliches Expertengremium eingesetzt ist. Der hessische Weg ist beispielgebend und wurde unter anderem bereits von der Gesetzlichen Krankenversicherung positiv hervorgehoben.