Hessisches Ministerium des Innern, für Sicherheit und Heimatschutz

Innenminister fordert Konsequenzen nach vereiteltem Terroranschlag auf israelische Botschaft

Roman Poseck: „Wir müssen unsere Sicherheitsbehörden stärken, um unabhängiger von ausländischen Nachrichtendiensten zu werden.“

Zu der Festnahme in Bernau und dem offensichtlich vereitelten Anschlag auf die israelische Botschaft in Berlin erklärt der Hessische Innenminister Roman Poseck:

„Die internationale Zusammenarbeit hat wieder einmal funktioniert. Deshalb konnte in Deutschland offensichtlich erneut ein Terroranschlag verhindert werden. Zum Glück konnten die Sicherheitsbehörden noch rechtzeitig einschreiten. Das ist die gute Nachricht des heutigen Tages.

Gleichzeitig macht der Fall aber auch erneut deutlich, dass es bei uns eine hohe abstrakte Terrorgefahr gibt, die jederzeit zu Anschlägen führen kann. Dabei geht die Gefahr sowohl von organisierten Strukturen – der IS ist weiter aktiv – als auch von radikalisierten Einzeltätern aus. Tatsächliche und vereitelte Terroranschläge folgen in diesem Jahr zeitlich immer dichter aufeinander. Das ist eine alarmierende Entwicklung.

Schutz jüdischer Einrichtungen 

Der Fall zeigt abermals, dass jüdische und israelische Einrichtungen auch bei uns in besonderem Maße potentielle Anschlagsziele sind. Die internationalen Konflikte und der auch auf unseren Straßen inzwischen weit verbreitete Antisemitismus sowie Hass gegen den Staat Israel haben Folgen. Wir haben nicht nur aus historischen Gründen eine Verpflichtung, alles dafür zu tun, jüdisches Leben bei uns wirkungsvoll zu schützen. Es ist richtig und unerlässlich, dass die Sicherheitsmaßnahmen für jüdische Einrichtungen in Hessen auf einem sehr hohen Niveau sind. Die Zusammenarbeit zwischen den jüdischen Einrichtungen und den Sicherheitsbehörden ist eng und vertrauensvoll. Darauf werden wir auch in Zukunft aufbauen. Es ist unser Ziel, den Schutz jüdischer Einrichtungen noch weiter zu verbessern. Deshalb sieht der vor zwei Wochen im Hessischen Landtag debattierte Reformentwurf für das Polizeirecht auch eine Ausweitung der Videoüberwachung vor jüdischen Einrichtungen vor. Ich hoffe sehr, dass dieser wichtige Baustein eines umfassenden Schutzes möglichst bald in Kraft treten kann.

Außerdem ist der Fall ein abermaliger Beleg für die hohe Abhängigkeit der deutschen Sicherheitsbehörden von ausländischen Nachrichtendiensten. Es ist gut, wenn wir von unseren Partnern profitieren können. Gleichzeitig dürfen wir uns auf diese aber nicht immer verlassen. Wir müssen unsere Sicherheitsbehörden stärken, um unabhängiger von ausländischen Nachrichtendiensten zu werden. Dies setzt voraus, dass unsere Dienste mehr Befugnisse erhalten. Nicht ohne Grund bekommen unsere Sicherheitsbehörden in der Regel Hinweise aus Ländern, in denen die Nachrichtendienste über Mittel verfügen, die bei uns verwehrt sind. Dieses Auseinanderklaffen von Möglichkeiten hängt unsere Sicherheitsbehörden international immer weiter ab.

Sicherheitspaket der Ampel ist an dieser Stelle eine große Enttäuschung

Auch das Sicherheitspaket der Ampel ist an dieser Stelle eine große Enttäuschung. Es geht an den Herausforderungen der Terrorismusbekämpfung völlig vorbei. Die Vorschläge sind halbherzig und unvollständig. Nachdem der Bundesrat Teilen des Sicherheitspaketes am Freitag seine Zustimmung verweigert hat, wird es nun voraussichtlich zu einem Vermittlungsverfahren kommen. Dieses bietet die Chance, zu einem Sicherheitspaket zu gelangen, das seinen Namen auch verdient. Dazu bedarf es umfassender Korrekturen und weiterer Regelungen im Interesse unserer Sicherheit.

Besonders gravierend ist es, dass Regelungen zur Speicherung und Nutzung von Verkehrsdaten und IP-Adressen im Sicherheitspaket der Bundesregierung bislang fehlen. Diese sind auch zur Terrorabwehr elementar. Sie werden nicht nur für die Verfolgung schwerwiegender Straftaten, sondern auch zur Gefahrenabwehr dringend benötigt, weil sie oft die einzigen Anknüpfungspunkte der Sicherheitsbehörden sind. Das von der Bundesregierung favorisierte Quick-Freeze ist indes nach Ansicht der Praxis völlig untauglich. Hessen hat deshalb Ende September erfolgreich eine Initiative zur Speicherung von IP-Adressen in den Bundesrat eingebracht, welche die vom Europäischen Gerichtshof gegebenen Spielräume nutzt.

Die Nachrichtendienste brauchen im Übrigen dringend weitere Befugnisse im Netz, insbesondere im Darknet. Denn dort werden terroristische Aktivitäten in der Regel vorbereitet. Unsere Nachrichtendienste benötigen Mittel, um kryptierte Kommunikation zu entschlüsseln.

Den Sicherheitsbehörden müssen auch neue Formen der Analyse von Daten ermöglicht werden, damit terroristische Strukturen und Aktivitäten frühzeitig erkannt werden können. Hessen ist hier mit hessenData Vorreiter. Auch auf Bundesebene müssen sehr zeitnah entsprechende Instrumente geschaffen werden.

Weiterhin ist es ein Fehler, das wichtige Instrument der Gesichtserkennung auf schwerste Straftaten zu beschränken. Es kann nicht richtig sein, dass Private mehr dürfen als die Behörden, die für unsere Sicherheit sorgen.

Neudefinition des Datenschutzes

Wir erleben nicht nur in der äußeren, sondern auch in der inneren Sicherheit eine Zeitenwende. Deshalb benötigen wir eine Neudefinition des Datenschutzes. Er darf nicht länger Hemmschuh für unsere Sicherheit sein. Neue Herausforderungen brauchen neue Antworten. Die erforderlichen Abwägungen zwischen Freiheit und Sicherheit dürfen die umfassenden Gefahren für unsere Sicherheit nicht außer Acht lassen. Sie können heute nicht zu denselben Ergebnissen wie vor fünf oder 20 Jahren führen. Mehr denn je muss es darum gehen, unseren demokratischen Rechtsstaat wehrhaft zu machen. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass zusätzlich zu den akuten Gefahren durch den islamistischen Terrorismus auch noch feindliche Aktivitäten fremder Staaten im Bereich der Spionage und Sabotage unsere Sicherheit bedrohen.

Schließlich zeigt der Fall auch abermals, dass Sicherheit und Migration zusammenhängen. Eine deutliche Begrenzung der Migration liegt auch im Interesse unserer Sicherheit. Zurückweisungen an unseren Außengrenzen sind unerlässlich. Gleiches gilt für die konsequente Durchführung von Abschiebungen. Der mutmaßliche Terrorist aus Bernau hätte unser Land eigentlich schon vor längerem verlassen müssen. Die Bundesregierung muss endlich für mehr Abkommen mit Herkunftsstaaten sorgen, damit Ausreiseverpflichtungen auch umgesetzt werden können.“

Hintergrund

Bereits Ende Juli 2024 forderte Hessens Innenminister Roman Poseck angesichts der Sicherheitslage mehr Befugnisse für deutsche SicherheitsbehördenÖffnet sich in einem neuen Fenster. Dazu gehört die Verschärfung der Strafbarkeit von geheimdienstlichen Agententätigkeiten sowie die Erweiterung auf den Bereich hybrider Bedrohung, die Umsetzung des ausstehenden zweiten Teils der Reform des Nachrichtendienstrechts des Bundes, eine stärkere Wahrnehmung der Zentralstellenfunktion durch das Bundesamt für Verfassungsschutz im Bereich der Spionageabwehr sowie die Vorratsdatenspeicherung zur Terrorismusbekämpfung und Spionageabwehr. Ebenso forderte Roman Poseck keine Einschränkungen des Einsatzes von Verdeckten Ermittlern und Vertrauenspersonen und eine Verbesserung und Erleichterung des Informationsaustauschs und der behördenübergreifenden ganzheitlichen Auswertung von Daten. Des Weiteren müsse der rechtliche Rahmen der EU KI-Verordnung für den Einsatz von Gesichtserkennungssoftware in Echtzeit zur Gefahrenabwehr ausgeschöpft werden, die Zusammenarbeit mit Dienstanbietern verbessert und gesetzliche Rahmenbedingungen zur Auswertung kryptierter Täterkommunikation (Messenger/E-Mail) geschaffen werden.

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