Hessisches Ministerium des Innern, für Sicherheit und Heimatschutz

Meldestelle gegen Antisemitismus online

Die Hessische Landesregierung setzt sich konsequent gegen Antisemitismus und für den Schutz jüdischen Lebens ein. Antisemitische Angriffe, Bedrohungen und Beleidigungen können ab sofort der Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus Hessen (RIAS Hessen, www.rias-hessen.deÖffnet sich in einem neuen Fenster) gemeldet werden. Die Landesregierung verstärkt damit weiter ihr Engagement gegen Diskriminierung, Hass und gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit.

Anlässlich der Freischaltung der neuen Anlaufstelle erklärte der Hessische Innenminister Peter Beuth: „Der Schutz jüdischen Lebens und der konsequente Kampf gegen Antisemitismus in Hessen ist eine permanente Verpflichtung der Hessischen Landesregierung, die nunmehr um einen weiteren wichtigen Baustein erweitert wird. Mit der neuen Meldestelle wollen wir alle antisemitische Erscheinungsformen als Phänomen noch sichtbarer machen, um künftig noch gezielter gegen Menschen- und Demokratiefeindlichkeit vorgehen zu können. Ab sofort kann Antisemitismus so ganz gezielt auch unterhalb der Strafbarkeitsgrenze erfasst, analysiert, dokumentiert und damit auch bekämpft werden. Die Botschaft der Landesregierung ist klipp und klar: Diskriminierung und Ausgrenzung haben keinen, unsere jüdischen Mitbürgerinnen und Mitbürger hingegen einen festen Platz in unserem Land. Angriffe gegen jüdisches Leben sind immer auch ein Angriff auf unsere demokratische und weltoffene Gesellschaft. Sich diesen zur Wehr zu setzen ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, der wir zusätzlich mit RIAS Hessen begegnen“, sagte Innenminister Peter Beuth.

RIAS Hessen am Demokratiezentrum Marburg

In Absprache mit dem Landesverband der Jüdischen Gemeinden in Hessen sowie dem Beauftragten der Hessischen Landesregierung für Jüdisches Leben und den Kampf gegen Antisemitismus, Uwe Becker, wurde die Ansiedlung der hessischen Meldestelle für antisemitisch motivierte Vorfälle beim Demokratiezentrum Hessen an der Philipps-Universität Marburg beschlossen.

„Mit der Meldestelle schaffen wir ein niedrigschwelliges Angebot, das Menschen auch unabhängig von der Schwere eines antisemitischen Vorfalls nutzen können. Sie treffen hier auf erfahrene und verständnisvolle Ansprechpartner, die gleichzeitig auch Hilfe und Unterstützung sowie Beratung vermitteln können. Mit der Ansiedlung an der Universität Marburg und dem dortigen Demokratiezentrum ermöglichen wir zugleich die Verbindung zur wissenschaftlichen Betrachtung von Judenhass in seinen heutigen Schattierungen und können so noch bessere Instrumente im Engagement gegen Antisemitismus entwickeln. Gleichzeitig entsteht ein noch besseres Bild vom tatsächlichen Umfang des Judenhasses in unserer heutigen Gesellschaft, das alleine mit der Zahl strafrechtlich relevanter Vorfälle nicht zu fassen ist“, erklärte der Beauftragte der Hessischen Landesregierung für Jüdisches Leben und den Kampf gegen den Antisemitismus, Uwe Becker.

Meldung über die Webseite und per E-Mail möglich

Antisemitismus ist nicht nur der älteste Hass in der Geschichte, sondern er ist zudem allgegenwärtig. Auch und gerade in Deutschland. Um dieses Phänomen in seinen unterschiedlichen Erscheinungsformen allerdings bekämpfen zu können, ist es wichtig, es sichtbar zu machen. Seine Strukturen und Ausprägungen im Alltag zu erfassen. In quantitativer, vor allem aber auch in qualitativer Hinsicht. Und zwar in unser aller Interesse“, sagte Daniel Neumann, Direktor des Landesverbands der Jüdischen Gemeinden in Hessen. Er zitierte ergänzend den Rabbiner Jonathan Sacks: „Denn der Hass, der mit den Juden beginnt, endet nicht mit den Juden“.

Antisemitische Vorfälle können unter www.rias-hessen.deÖffnet sich in einem neuen Fenster sowie der Mailadresse info@rias-hessen.de den Experten gemeldet werden. Aufgenommen werden explizit nicht nur strafrechtlich relevante Fälle[1], sondern insbesondere auch Wahrnehmungen unterhalb dieser Schwelle, um ein möglichst breit aufgestelltes Bild über Antisemitismus in Hessen zu erhalten. Alle Betroffenen erhalten von RIAS Hessen eine Rückmeldung und werden je nach Bedarf an Einrichtungen und Institutionen der Opferberatung vermittelt.

Netzwerk gegen Antisemitismus

„Durch die Anbindung an das Demokratiezentrum Hessen an der Philipps-Universität Marburg werden auch die Erkenntnisse von RIAS Hessen wissenschaftlich weiter untersucht und auch für Bildungskonzepte genutzt. Forschung und Praxis gehen damit Hand in Hand, was die besondere Qualität der Meldestelle im Bundesvergleich verdeutlicht“, so der Leiter des Demokratiezentrums Hessen, Dr. Reiner Becker.

Für den Erfolg von RIAS Hessen ist zudem ein regelmäßiger und datenschutzkonformer Austausch mit den jüdischen Gemeinden, den Sicherheits- und Justizbehörden sowie anderen Einrichtungen und Institutionen vorgesehen. Von diesem Netzwerk gegen Antisemitismus sowie der engen Anbindung an das Demokratiezentrum in Marburg mit seiner Expertise in Bildung und Wissenschaft profitieren alle Partner.

Demokratiezentrum als Fach-, Koordinierungs- und Geschäftsstelle

Das Demokratiezentrum als Fach-, Koordinierungs- und Geschäftsstelle des Beratungsnetzwerk Hessens hat für die Meldestelle zusätzliches Personal erhalten, das sich aus Sozial- und Geisteswissenschaftlern mit entsprechender Expertise im Phänomenbereich Antisemitismus zusammensetzt. Für die Meldestelle stellt das Land Hessen (inklusive weitergeleiteter Bundesmittel) jährlich rund 220.000 Euro zur Verfügung.

„Mit der Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus Hessen bieten wir vor allem den von Antisemitismus Betroffenen eine empathische und vertrauensvolle Anlaufstelle. Darüber hinaus wird das dreiköpfige TeamAntisemitismus monitoren und dokumentieren und darauf basierend einen Jahresbericht erstellen“, so die RIAS-Projektleiterin Dr. Susanne Urban.

Schutzniveau jüdischer Einrichtungen weiter erhöht

Jüdisches Leben steht in Hessen unter dem besonderen Schutz des Staates. Die Schutzmaßnahmen wurden in Hessen nach dem Terrorangriff in Halle an der Saale im Jahr 2020 noch einmal erhöht. Das beinhaltet offene und verdeckte Maßnahmen. In Hessen ist bereits seit Jahren vor jeder Einrichtung, in der jüdisches Leben stattfindet, polizeiliche Präsenz sichergestellt. Im Landeshaushalt 2022 sind zur weiteren Erhöhung des Schutzniveaus erneut vier Millionen Euro bereitgestellt. Zudem wurden bereits 2019 die Voraussetzungen für 30 zusätzliche Wachpolizistinnen und -polizisten für Schutzmaßnahmen jüdischer Liegenschaften geschaffen, die nun entsprechend eingesetzt werden können. Zudem wurde bereits im Jahr 2020 eine Taskforce Objektberatung beim Hessischen Landeskriminalamt eingerichtet, die in Zusammenarbeit mit den jüdischen Gemeinden überprüft hat, ob zusätzliche Sicherheitsmaßnahmen erforderlich sind.

Wie wichtig solch bauliche Schutzmaßnahmen bei Gebäuden sind, hatte der Anschlag in Halle gezeigt. Die hessische Polizei sowie die Hessische Landesregierung verstehen die jüdischen Gemeinden in unserem Land schon immer als Sicherheitspartner, mit denen sie gemeinsam für den bestmöglichen Schutz sorgen. Alle sieben hessischen Polizeipräsidenten der Flächenpräsidien stehen mit den Vertreterinnen und Vertretern der jüdischen Gemeinden im Sicherheitsdialog. Konkret bedeutet das, dass zum Beispiel vor Synagogen, Gemeindezentren, Schulen oder Kindergärten immer ein Streifenwagen steht, wenn sich dort Menschen zum Gottesdienst oder zum Unterricht treffen. Wenn es sich um eine Synagoge oder eine Sportveranstaltung des jüdischen Lebens handelt, werden die Maßnahmen entsprechend den jeweiligen Gegebenheiten angepasst. Sofern der Hessische Landtag zustimmt, sollen dem Landesverband sowie der Jüdischen Gemeinde Frankfurt am Main bis zum Jahr 2026 weitere 9,4 Millionen Euro zum zusätzlichen Schutz zur Verfügung gestellt werden.

Erneut mehr als zehn Millionen Euro für Extremismus-Prävention in Hessen

Zusätzlich zur nachhaltigen Stärkung der Sicherheitsbehörden begegnet die Hessische Landesregierung Extremismus, Antisemitismus und Hass auch mit einem breit gefächerten Präventionsangebot. 2022 sind für die Extremismus-Präventionsarbeit zusammen mit den Bundesmitteln erneut mehr als zehn Millionen Euro eingeplant. In der Antisemitismusprävention kam und kommt den von der zivilgesellschaftlichen Trägerlandschaft konzipierten und umgesetzten Projekten eine wichtige Bedeutung zu. Gefördert werden seitens des Hessischen Innenministeriums eine Vielzahl von Maßnahmen durch das Landesprogramm, das vom Hessischen Informations- und Kompetenzzentrum gegen Extremismus (HKE) koordiniert wird. Das Landesprogramm existiert seit 2015 und bündelt seither die Programme zur Bekämpfung des Antisemitismus. Die Fördermittel für Projekte des Landesprogramms wurden in den letzten Jahren deutlich erhöht.

„Wir wurden in den vergangenen Jahren von schweren Angriffen auf unsere Demokratie und unser friedliches Zusammenleben erschüttert. Daher haben wir jeglichen Formen von Extremismus, Antisemitismus und Menschenfeindlichkeit den Kampf angesagt und für Extremismus-Prävention in Hessen den mit Abstand größten Etat aller Zeiten aufgelegt. Dass nach 2021 die Programme und Angebote auch 2022 mit mehr als zehn Millionen Euro unterstützt werden sollen, ist nicht nur für Hessen rekordverdächtig. Die Hessische Landesregierung und die hessischen Sicherheitsbehörden treten damit gemeinsam mit den zivilgesellschaftlichen Partnern geschlossen Antisemitismus, Extremismus, Hass und Hetze entgegen. Antisemitismus und Extremismus sind die Feinde unserer Zeit, die wir mit allen Mitteln des Rechtsstaats sowie umfangreichen Präventionsmaßnahmen bekämpfen. Hessen ist und Hessen bleibt ein weltoffenes und freiheitsliebendes Land“, so Innenminister Peter Beuth.

Mit Rekordinvestitionen in die Präventionsarbeit führt Hessen nicht nur bewährte Projekte fort, sondern baut das Landesprogramm spürbar und zielgerichtet weiter aus. Ein Beispiel hierfür ist nunmehr die Meldestelle RIAS Hessen beim Demokratiezentrum in Marburg.

Hintergrund:

Meldestelle HessenGegenHetze

Wer im Netz Hass, verfassungsfeindliche oder diskriminierende Inhalte entdeckt oder selbst Ziel solcher Beiträge wird, kann sich bereits seit Anfang 2020 an die Meldestelle HessengegenHetze (www.hessengegenhetze.deÖffnet sich in einem neuen Fenster) und damit noch einfacher an die Strafverfolgungsbehörden wenden. Für Bürgerinnen und Bürger sowie Verwaltungsbehörden, Kommunen und Beratungsinstitutionen wurde damit bereits eine unkomplizierte und schnelle Möglichkeit geschaffen, aktiv gegen Hass und Hetze im Internet vorzugehen. Nach sorgfältiger Sicherung der gemeldeten Inhalte führt die Meldestelle eine Erstbewertung ihrer strafrechtlichen Relevanz durch. Die Beiträge werden dann an die zuständigen Stellen der Polizei, der Justiz und des Landesamtes für Verfassungsschutz Hessen weitergeleitet. Sofern gewünscht, erhalten die Mitteilerinnen und Mitteiler eine Rückmeldung darüber, wie mit den von ihnen gemeldeten Inhalten verfahren wurde. Zusätzlich bietet die Meldestelle für direkt und indirekt von Hate Speech Betroffene eine individuelle Vermittlung an bedarfsgerechten Beratungs- und Unterstützungsangeboten an. Ziel der Meldestelle ist es, das faire, rücksichtsvolle und respektvolle Miteinander zu fördern und die Verfasserinnen und Verfasser von Hate Speech zur Verantwortung zu ziehen. Antisemitische Hetze im Netz, die der Meldestelle HessengegenHetze gemeldet wurden, werden in regelmäßigen Abständen der Meldestelle RIAS Hessen übermittelt.

Im letzten Jahr wurden 111 antisemitische Straftaten in Hessen registriert

Es wurden 2021 insgesamt 111 antisemitische Straftaten registriert, was einem Rückgang von 18 Straftaten gegenüber dem Vorjahr entspricht. Von diesen 111 Fällen entfallen 98 auf den Phänomenbereich PMK -rechts-.

 

[1] Sollte ein Bürger eine verdächtige Beobachtung online oder offline machen oder sich bedroht fühlen, sollte sich jeder unmittelbar an die Polizei wenden.

 

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