Hessisches Ministerium des Innern, für Sicherheit und Heimatschutz

Poseck erinnert an Grenzöffnung bei Philippsthal

Am 9. November versammelten sich zahlreiche Bürger, Zeitzeugen sowie Vertreter aus Politik, Kultur und Gesellschaft, um an die Öffnung der innerdeutschen Grenze zwischen Philippsthal (Hessen) und Vacha (Thüringen) am 12. November 1989 zu erinnern.

Nur drei Tage nach dem Fall der Berliner Mauer wurde auch hier vor 36 Jahren Geschichte geschrieben: Aus einem Sperrriegel wurde ein Übergang, aus einem Kontrollpunkt ein Treffpunkt.

Innenminister Roman Poseck führte in der Feierstunde anlässlich der Grenzöffnung aus: „Die friedliche Revolution und die deutsche Einheit sind ein Glücksfall der deutschen Geschichte, der zeigt, dass sich der Einsatz für unsere demokratischen Werte lohnt. Fast 30 Jahre lang wurden Ost- und Westdeutschland durch eine Mauer aus Beton und Stacheldraht getrennt. Am 9. November 1989 wurden die Bürger der ehemaligen DDR für ihren Mut und ihren Einsatz für Freiheit und Demokratie belohnt.

Auch hier in Philippsthal bewegte dieser Tag die Menschen auf beiden Seiten. Viele von den hier Anwesenden erinnern sich an das Drängen auf beiden Seiten, an die Umarmungen, an die Tränen und an das Staunen darüber, wie schnell das Unmögliche möglich wurde. Dieser Ort erzählt vom Mut der Menschen, die Grenzen überwanden – nicht nur aus Beton, sondern auch in den Köpfen.

Eine ganz besondere Geschichte verbindet die Werrabrücke: Entlang der alten Handelsroute „Via Regia“ verband sie über Jahrhunderte hinweg Menschen und Märkte. Nach 1945 wurde sie zur unpassierbaren Nahtstelle zweier Systeme, ehe sie am 12. November 1989 wieder zur Lebensader wurde. Seit 1990 trägt die Werrabrücke den Namen „Brücke der Einheit“.“

Die Werrabrücke steht für eine gemeinsame Vergangenheit und für eine gemeinsame Zukunft. Heute symbolisiert sie offene Grenzen und zeigt, dass Zusammenhalt stärker ist als Trennung.

Roman Poseck Innenminister

„Die Grenzöffnung war nicht nur ein politischer Moment, sondern ein Akt der Bürgerschaft. Innerhalb weniger Stunden wurden Barrieren abgebaut, Rathäuser und Banken öffneten am Sonntag, Geschäfte nahmen die Arbeit wieder auf. Auch das Grenzmuseum Philippsthal, getragen vom Engagement der Menschen vor Ort, bewahrt diesen Geist bis heute.

Philippsthal hat gezeigt, was Verantwortung bedeutet. Der historische Moment wurde erkannt und die Menschen haben gehandelt. Dieser Mut erinnert uns daran, wie wichtig bürgerschaftliches Engagement für unsere Demokratie ist.

Auch heute gilt es, angesichts der vielfältigen Bedrohung von innen und außen, unsere Demokratie, Freiheit und Toleranz zu verteidigen. Wir sind gemeinsam aufgerufen, das Erbe der mutigen Menschen, die vor mehr als 36 Jahren die Grundlagen für ein vereintes und demokratisches Deutschland gelegt haben, zu schützen.“

Grenzmuseum Philippsthal

Wer die Geschichte dieser Grenze und auch ihrer Opfer verstehen will, findet in Philippsthal mit dem Grenzmuseum einen Erinnerungsort, der Erinnerungsort und Mahnung zugleich ist und der auch von bürgerschaftlichem Engagement getragen wird. Es bewahrt Exponate, zeigt Filme und zeichnet auf Bildtafeln die Öffnung von 1989 nach.

„Eine würdige Erinnerungskultur braucht solche Orte. Sie halten die Fakten fest, damit Mythen oder Desinformation nicht Überhand gewinnen. Zudem schenken sie den jungen Generationen die Möglichkeit, aus erster Hand zu lernen. Die Erinnerung wird von den Bürgern vorbildlich in der Region wachgehalten. Im Jahr 2014, zum 25. Jahrestag, feierten hier tausende Menschen aus Hessen und Thüringen friedlich miteinander. Ich bin sicher, dass auch in Zukunft noch viele friedliche Momente der Einheit hier gefeiert werden. Ich danke allen Beteiligten, die sich dafür einsetzen, dass Geschichte erhalten bleibt. Nur das Lernen aus der Vergangenheit gibt Orientierung für die Zukunft. Dies lehrt der 9. November ganz besonders, der nicht nur für den Fall der Mauer, sondern auch für die größten Menschheitsverbrechen der Shoa steht“, so der Minister abschließend.

Erinnerungsort an die deutsche Teilung

Das Grenzmuseum im nordhessischen Philippsthal war bis zur Grenzöffnung 1989 eine Einrichtung des bundesdeutschen Grenzzolldienstes. Die Informationsstelle Philippsthal wurde im Februar 1967 auf Betreiben des Leiters des Zollkommissariates eröffnet, um dem großen Besucherinteresse an der innerdeutschen Grenze entgegenzukommen. Anhand von Filmen, einem Sandkastenmodell des Grenzabschnitts bei Philippsthal und Exponaten (unter anderem einem selbstgebastelten Holzschuh, mit dem ein Flüchtling den engmaschigen Metallgitterzaun an der Grenze überwand) konnten sich die Besucher über die Grenzanlagen, über geglückte und gescheiterte Fluchten und über das Leben auf der anderen Seite der Grenze informieren.

Bis 1979 befand sich die Informationsstelle in einer Baracke, die von 1951 bis zur Schließung der Grenze im Mai 1952 als Grenzkontrollstelle gedient hatte. 1979 zog sie in großzügigere Räume im Torbogenhaus des Philippsthaler Schlosses um, wo sich das Museum heute befindet.

Nach der Grenzöffnung 1989 wurde die Trägerschaft der Einrichtung an die Gemeinde Philippsthal übergeben und die Informationsstelle zu einem Museum umgewidmet. Die ursprüngliche Ausstellung wurde unverändert übernommen und um eine neue Abteilung ergänzt, in der auf Bildtafeln die Grenzöffnung 1989 dokumentiert ist. Betreut wird die Einrichtung von der Arbeiterwohlfahrt. Diese bietet nach Vereinbarung einstündige Führungen durch das Haus an. Den Besuchern werden zudem Filme über die innerdeutsche Grenze gezeigt, die vom damaligen Gesamtdeutschen Institut (1969 – 1991) produziert worden sind.